Jeder gegen jeden: Nur die EU schützt uns

Globalisierung und Handelskriege fordern Europa heraus. Eine Chance haben wir nur gemeinsam
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Lord Jacob Rothschild, Chef einer Londoner Investmentfirma, meldet sich selten und vorsichtig zu Wort. Zwei Mal im Jahr schreibt er in seinem Bericht auch eine politische Einschätzung. Klar, er sieht Herausforderungen durch Handelskriege, den Brexit, die Lage im Nahen Osten und den wachsenden Populismus. Zum Unterschied von früheren Krisen nach dem Anschlag auf das World Trade Center im Jahr 2001 oder der Finanzkrise 2008 arbeiten die Weltmächte aber diesmal nicht mehr zusammen. „Das bringt die wirtschaftliche und politische Ordnung der Welt in Gefahr.“

Jeder gegen jeden, das ist die Kampfordnung unserer Tage. Donald Trump will nicht nur „America first“, er will die anderen besiegen, die aber schlagen zurück. Als die USA am Donnerstag neue Sanktionen gegen Russland bekannt gaben, antwortete der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew unverzüglich: „Der US-Wirtschaftskrieg darf nicht unbeantwortet bleiben.“ Chinas Staatschef Xi Jinping wiederum droht angesichts neuer US-Zölle: „In unserer Kultur schlagen wir zurück.“ Und auch Nobelpreisträger Joseph Stiglitz formuliert in einem Kommentar über den sino-amerikanischen Handelskrieg militärisch: „Wenn ein Land in einen Krieg eintritt, sollte es sicher gehen, dass gute Generäle das Sagen haben.“ Im Fall der USA bezweifelt das Stiglitz, er sieht die Chinesen als wahrscheinliche Sieger.

Kein Wunder, Europa kommt bei diesen Betrachtungen nicht vor. In einer Welt, die nicht von Gemeinsamkeiten und der Suche nach Kompromissen beherrscht wird, gilt nur die Faust, die wir nicht haben, unsere „Soft Power“ ist lieb, wird aber nicht ernst genommen.

Europäische Souveränität und Subsidiarität

Europa wird nur ernst genommen werden, wenn sich die Europäische Union so weiterentwickelt, dass sie ein Machtfaktor wird, auch militärisch. Dazu braucht die EU eine eigene Souveränität, die über den Nationalstaaten steht. Und weil die EU nur als demokratische Organisation denkbar ist, muss dem Europäischen Parlament auch eine besondere Bedeutung zukommen. Der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas hat neben seiner Tätigkeit im EU-Parlament eben seine Dissertation fertiggestellt: „Die europäische Demokratie.“ Er sieht in einer Souveränität der EU keinen Widerspruch mit dem Prinzip der Subsidiarität: „Jeder Teil hat seine spezifische Aufgabe, aber auch das Recht auf Schutz.“

Die rechten bis rechtsextremen Parteien, die bei der kommenden Europawahl gemeinsam antreten werden, wollen uns einreden, dass es noch so etwas wie staatliche Souveränität gäbe und der Nationalismus die Bürger beschützen könne (siehe S. 8/9). Nationalismus hat in seiner übersteigerten Form immer zu Kriegen geführt. In der globalisierten Welt schützt uns im kleinen Österreich nur ein gemeinsames Europa: Unsere Grenzen, Staat und Wirtschaft gegen Cyberangriffe oder auch unsere Währung. Ein starker Euro muss weder vor dem Dollar noch vor einem Handelskrieg Angst haben. Nur ein gemeinsames Europa kann uns schützen.

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