Iran: Und was, wenn Trump einmal recht hat?

Trump hat den Atomdeal mit dem Iran wohl aus egomanischen Gründen aufgekündigt. Falsch liegt er damit trotzdem nicht.
Stefan Kaltenbrunner

Stefan Kaltenbrunner

Donald Trump hat den Atom-Deal mit dem Iran, wie in seinem Wahlkampf angekündigt, einseitig aufgelöst. Dafür wird er weltweit geprügelt. Verantwortungslos, rücksichtslos und brandgefährlich sei die einseitige Auflösung des Vertrages, heißt der fast einstimmige mediale und politische Tenor. Die Einschätzung mag einerseits der Persönlichkeit und dem bisherigen Amtsverständnis des US-Präsidenten geschuldet sein, dem, vorsichtig ausgedrückt, kein wirklich außenpolitisches diplomatisches Verständnis nachgesagt werden kann, andererseits schafft es wenig Vertrauen, wenn die einzig verbliebene Supermacht keine Pakttreue mehr an den Tag legt und die eigenen Bündnispartner in Europa brüskiert.

Aber was, wenn Trump ausnahmsweise nicht falsch liegt? Hört man sich seine Erklärung genauer an, spricht er Tatsachen an, die nicht einfach ignoriert werden können. Fakt ist, dass der Iran seinen Einfluss in der Region die vergangenen Jahre massiv stärken konnte, dass iranische Milizen in großer Truppenstärke in Syrien stehen. Fakt ist auch, dass das Regime in Teheran die Hisbollah im Libanon finanziert und mit schweren Waffen ausstattet und den Krieg der schiitischen Houthis im Jemen protegiert. Fakt ist auch, dass das Mullah-Regime seit Jahrzehnten die eigene Bevölkerung unterdrückt, Frauenrechte mit Füßen tritt, abertausende Regimekritiker gnadenlos wegsperrt, Homosexuelle an öffentlichen Plätzen hängt, und jede noch so kleine Demonstration blutig niederschlagen lässt. Fakt ist auch, dass der Iran nach wie vor an interkontinentalen Raketen baut und Israel berechtigte Sorgen hat, dass der Iran jederzeit in der Lage ist, das Land von Syrien und vom Libanon aus angreifen zu können, wie die aktuellen Zwischenfälle auch beweisen.

Freilich bleibt Trump den Beweis schuldig, dass das Regime in Teheran tatsächlich weiter an Atombomben baut, aber niemand kann derzeit auch das Gegenteil beweisen. Und natürlich hat Trump mit Saudi-Arabien einen Partner an der Hand, der die Region mit den gleichen Mitteln wie der verfeindete Iran destabilisiert, das macht seine Argumentation nicht wirklich redlicher. Dass Trump den Deal einseitig kündigt und den Iran wieder mit allen Mitteln sanktioniert, hat natürlich auch damit zu tun, dass er seine Wahlversprechen einzulösen versucht, um noch einen Rest an Wählergunst aufrechtzuerhalten. Eine weitere mögliche Eskalation der Krise in der Region würde er somit bewusst in Kauf nehmen.

Aber vielleicht stärkt das alles die vernunftbegabten Kräfte im Iran, damit sie gemeinsam mit Europa und schlussendlich auch wieder mit den USA den Deal neu verhandeln, um eine langfristige, für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden. Die Sanktionen werden dem Iran wirtschaftlich wehtun, dazu kommt eine Bevölkerung, die sich mehr und mehr gegen die Unterdrückung auflehnt, ein kleiner Anlass genügt und es würde für das Regime zu kritischen Aufständen kommen, vergleichbar mit Syrien. Beides können die Mullahs vielleicht noch ein paar Jahre unterdrücken und durch noch mehr Repressalien kontrollieren. Nicht mehr kalkulierbar ist für den Iran allerdings ein US-Präsident, dem bis zu einem atomaren Angriff offenbar alles zuzutrauen ist. So paradox das auch klingen mag, aktuell liegt die Chance den Iran dauerhaft atomwaffenfrei zu halten in der Unberechenbarkeit von Trump. Das ist kein wirklich beruhigendes Szenario, aber realpolitisch derzeit wohl nicht anders zu sehen.

 

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