Integrationsministerin Karin Kneissl trägt blauäugig

Die neue Ressortchefin versucht in Sachen Migration den Spagat zwischen FPÖ und unabhängig. Das droht schiefzugehen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Good news zum Thema Zuwanderung oder gar Flüchtlinge? Die sind rar geworden. Umso mehr lassen zwei Fakten im neuen Integrationsbericht aufhorchen. Seit der ersten Befragung 2010 stieg nicht nur die generelle Zuversicht, dass Integration funktioniere. Migranten können sich auch mehr und mehr mit ihrer neuen Heimat identifizieren. Daten über Defizite enthält aber auch dieser Bericht mehr als genug: Vom Versagen der Instrumente in Sachen Deutschlernen bis hin zur Tatsache, dass sich zuvorderst Menschen mit türkischen Wurzeln nach wie vor mehr dem Erdogan-Reich als ihrer neuen Heimat verbunden fühlen.

Diagnosen gibt es genug; auch fromme Wünsche an die EU im Dutzend – mal in blauer Kampfrhetorik, mal menschenrechtsfreundlicher in Rot formuliert. Woran es hapert sind realistische politische Rezepte. Die SPÖ springt nun spät, aber doch, auf einen fahrenden Zug auf. Sie überschreibt ihre neue Migrationspolitik mit „Integration vor Zuzug“. Die Folgen der Massenzuwanderung 2015 sind für alle komplex. Viel Neues ist aber auch der Kanzlerpartei a.D. nicht eingefallen. Burgenlands rot-blauer Landeshauptmann Hans Niessl tat sich hörbar schwer, im Ö1-Interview zu erläutern, wo sich Rot von Türkis-blau in Sachen Flüchtlinge unterscheide.

Auffallend ratlos gab sich gestern die neue Integrationsministerin, Karin Kneissl. Auf die Frage, wie Zuwanderer zu mehr Gebrauch von Deutsch und einer besseren Beziehung zu Österreich animiert werden könnten, empfahl sie: Weniger (nicht-deutsche Sender) fernsehen – und mehr Ausflüge in Österreich zu machen. Die dürre Antwort mag vielleicht auch daran liegen, dass Kneissl auf einem FPÖ-Ticket sitzt, aber Wert darauf legt, unabhängig zu sein. Das entschuldigt auf Dauer aber nicht für Integrations-Tipps nach dem Motto: Im Seichten kann man nicht ertrinken.

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