Inszenierung ist alles – von Trump bis Kern

Martina Salomon

Martina Salomon

Ohne gut komponierte Geschichte geht in der Politik nix mehr: Das fiel diese Woche besonders auf, als sich der neue Bundespräsident Van der Bellen bei seiner Antrittsrede neuerlich als ehemaliges "Flüchtlingskind" aus dem Kaunertal darstellte. In seiner perfekt inszenierten Kampagne spielte das eine wichtige Rolle.

Donald Trump wiederum entzieht sich jeder Inszenierung, weil er ohnehin die Verkörperung des respektlosen Machers und Machos ist, der sich an keinerlei Regeln hält. So unterschiedlich sie auch sind, verkörpern doch beide den Typus des Antipolitikers – Van der Bellen auf leise, Trump auf rüpelhafte Weise.

Und der Bundeskanzler? Christian Kern ist Inszenierungsmeister mit einem gewissen Drang zu Neuwahlen, was logisch ist, weil der Glanz des tatendurstigen Manager-Politikers in den Mühen der Koalitionsebene ja schnell verblasst.

Ein neuer Messias

Irgendwann kann sich keiner mehr an "New Deal" und "Plan A" erinnern oder es stellt sich – noch gefährlicher – die Frage, was wirklich und zu welchem Preis umgesetzt wurde. Die wankelmütigen Wähler könnten bald einem unverbrauchteren "Messias" nachlaufen, der dann vielleicht Sebastian Kurz heißt. Reinhold Mitterlehner ist es so ergangen, dessen anfangs recht cooles "Django"-Image so ramponiert ist, dass man ihm bei einem "Shootout" gegen Kern keinen Sieg mehr zutraut.

Der Kanzler hat seinen erstaunlich unvorbereiteten Koalitionspartner geschickt in eine Doppelmühle gedrängt. So sendet Kern Signale an die ÖVP-Klientel aus – zum Beispiel Flexibilisierung der Arbeitszeit –, verknüpft diese aber mit schwarzen No-go-Forderungen (Wertschöpfungsabgabe, Erbschaftssteuer). Er schürt den ohnehin nicht gerade kleinen Frust der Wirtschaftstreibenden gegen die ÖVP, indem er bei jeder Gelegenheit redliche heimische Unternehmen gegen steuervermeidende Konzerne ausspielt. Zuletzt stellte Kern sogar in Aussicht, den ungeliebten Selbstbehalt bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft abzuschaffen (allerdings ohne nachhaltige Finanzierung, nur mit Auflösung der Rücklagen).

Hemdsärmelig

Da hilft es der ÖVP dann auch nicht, dass Finanzminister Schelling bei seiner Rede ("Plan B") das Sakko ablegte, öffentlichkeitswirksam die Ärmel aufkrempelte und die Abschaffung der kalten Progression forderte. Das sei übrigens ein "Arbeitsprogramm", statt nur eine Rede. Aber seine Story (noch ein tatkräftiger Manager, der handelt, statt nur zu palavern) ging im allgemeinen koalitionären Waffengeklirr unter. "Bauen wir auf das Gemeinsame" hat Van der Bellen in seiner Antrittsrede gefordert und damit die Erwartungen der (wahlverdrossenen) Bürger in einen Bundespräsidenten erfüllt.

Die Koalition – getrieben eher von strategischen, denn von sachlichen Erwägungen – arbeitet nun Tag und Nacht an einem gemeinsamen Plan, als hätte man nie ein Koalitionsprogramm für fünf Jahre unterschrieben. Das ergibt am Ende dann vielleicht doch noch einen unbeabsichtigten, positiven "Kollateralschaden": Es geht etwas weiter. Warten wir ab, welche Heldensagen sich die beiden Parteichefs daraus noch stricken werden. Und hoffentlich werden es keine "alternativen Fakten" sein.

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