Die fünfte Welle hat zwar die Infektionszahlen in ungeahnte Höhen getrieben. Omikron ist aber offenkundig eine „schwächere“ Virusvariante – und die Bevölkerung dank Impfungen und Infektionen bereits gut immunisiert. Wenn also weder eine Überlastung des Gesundheitssystems droht, noch die Impfung so gut wie anfangs erwartet vor Ansteckung schützt, kann die Impfpflicht ruhig ausgesetzt werden. Ohnehin war ihr Werdegang nicht ruhmreich: „Geboren“ wurde sie in einer Konferenz der Regierung mit den Landeshauptleuten am Achensee. Die ÖVP wollte nur Maßnahmen für Ungeimpfte, die Grünen setzten sich mit einem allgemeinen Lockdown durch. Daraufhin gab es die Impfpflicht zur Beruhigung der Geimpften. Besser wäre gewesen, Ungeimpfte für die PCR-Tests zahlen zu lassen. (Was ja noch kommen kann.) Ansonsten hätte eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wie Medizin und Pflege gereicht.
Natürlich lässt sich nun einwenden, dass damit die hartnäckigen Impfverweigerer das Thema ausgesessen haben. Man kann aber auch trocken feststellen: Sie haben sich für das Risiko entschieden, irgendwann schwer und mit Langzeitfolgen an Corona zu erkranken und profitieren von der Solidarität der geimpften Mehrheit.
Der weitgehend irrationale Anti-Impfreflex hat sich bei dem ungeimpften Fünftel der Österreicher mittlerweile verfestigt – und einen Riss in der Gesellschaft erzeugt mit längerfristigen Folgen. Eine davon ist die „MFG“, die für die nächsten sechs Jahre im OÖ-Landtag sitzt und bei den Gemeinderatswahlen in Waidhofen 17 Prozent errang. Die Anti-Impf-Partei hätte sogar gute Chancen, in den Nationalrat einzuziehen – was die Lust aller anderen auf Neuwahlen derzeit wohl dämpft. In einer Wohlstandsgesellschaft, wo es bei Wahlen quasi um nichts geht (und die Politik per se abgelehnt wird), gefällt sich manch Bürger(in) in der Anti-Establishment-Pose. Die von Freiberuflern angetriebene Partei ist dabei, ihr Feld auf Staatsverweigerung auszudehnen. Irgendwo herrscht ja tatsächlich immer Zwang – sei es bei der von vielen als despotisch empfundenen Klimapolitik oder nur bei der Pflicht, Steuern zu zahlen.
Wenn die „Omikron-Wand“ abflacht, werden wir klarer sehen. Zeichnet sich eine neue, aggressivere Virusvariante ab, kann man die Impfpflicht ja vor dem nächsten Winter wieder aus dem Hut ziehen.
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