Eine andere Bestleistung hat er auch damit aufgestellt, dass er (nach Paris) nun schon am zweiten Ort im Endspiel eines Grand-Slam-Turniers steht. Unabhängig davon, wie das Tennismatch gegen Novak Djokovic ausgeht: Thiem zählt endgültig zu den Allzeit-Größen des österreichischen Sports. Und der Name Wunder-Thiem ist keine kindische Wortspielerei, sondern zeigt auch Parallelen mit dem Wunderteam, das als Schmieranski-Team begonnen hatte (also mit einer von Journalisten geforderten Aufstellung) und dem ebenfalls kaum jemand solchen Erfolg zugetraut hatte.
Auch der Autor dieser Zeilen ist, in typischer Negativ-Manier, daneben gelegen: Ich war KURIER-Berichterstatter beim bisher einzigen Grand-Slam-Turnier-Sieg eines Österreichers, von Thomas Muster 1995 in Paris – und der festen Überzeugung, dass kein anderer Österreicher in den folgenden Jahrzehnten ähnliche Sphären erreichen werde. Wie schön, wenn man sich täuscht.
Aber was macht Thiem so stark, so besonders, so erfolgreich im Land der Hätti-Waris, der Nörgler, der sich mit dem Mittelmaß Zufriedengebenden, der die Schuld stets bei anderen Suchenden? Er ist ein Einzelkämpfer, der nicht wegen, sondern trotz der herrschenden Strukturen an die Weltspitze kam. Wie Thomas Muster. Wie David Alaba. Wie Hermann Maier. Wie Marcel Hirscher. Noch dazu – im Gegensatz zum Skisport – in einer Disziplin, die weltweit mit ähnlicher Intensität betrieben wird.
Im üblichen Fördersystem, im Gemütlichkeitssumpf, im Heurigen-Behäbigkeitsmodus hätte er es niemals so weit geschafft. Das wiederum eint ihn mit manchen Spitzenforschern, Künstlern, Kreativköpfen und Unternehmern. Österreich ist immer noch das Land der Neider, aus dem man weggehen muss, um gefeiert zurückzukehren. Zählt irgendwo anders der Prophet so wenig wie hier?
Viel Arbeit auch für die neue Regierung, diesfalls konkret für Sportminister Werner Kogler, der bisher vor allem als Sport-Fan auffiel. Österreich braucht endlich ein Bekenntnis dazu, dass Exzellenz nichts Böses ist und auch die Nivellierung nach oben ein mögliches Ziel.
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