Gegenfrage: Wer will Finnland – mit seiner Erfahrung in Sachen russischer Überfall – und Schweden das Sicherheitsbedürfnis absprechen? So wie ein Vierteljahrhundert davor Polen, Tschechien, Ungarn, später den baltischen Staaten, Bulgarien, Rumänien?
Das ist ja eine der vielen großen Lügen des Wladimir Putin, mit denen er seinen so erbärmlich durchsichtigen (und bisher gescheiterten) Vernichtungsfeldzug gegen die Ukraine rechtfertigt: Der Gott-sei-bei-uns NATO habe sich, entgegen anderer Abmachungen, bis an die Grenzen Russlands ausgeweitet und bedrohe auch noch die Reste des früher stolzen Zarenreiches, ja wolle es überfallen.
Das ist aus zwei Gründen Unfug: Putin agiert nicht aus Angst, sondern aus Hass gegen den Westen, begründet in der Verbitterung über den Zerfall der Sowjetunion (und dann geht es den früheren Ostblock-Staaten heute auch noch besser!). Und: Es waren diese Staaten, die – wie man sieht: aus gutem Grund – den Schutz der NATO suchten. Die bedroht niemanden. Sie ist ein Verteidigungsbündnis, das, anders als die russische Militärmacht, niemanden überfallen und heim ins Reich holen will. Und komme keiner mit dem Beispiel Belgrad: Die NATO intervenierte im Kosovo-Krieg, um das Massenmorden der Milosevic-Schergen zu beenden, nicht um ein Land zu erobern.
Jetzt ist Wladimir Putin auch mit seinem zweiten Ziel neben der Auslöschung der Ukraine gescheitert: dem, die NATO zurückzudrängen. Die Länge der gemeinsamen Grenze wird sich durch den Beitritt Finnlands verdoppeln.
Russlands Präsident wird das seiner Bedrohungserzählung hinzufügen. Die Welt darf sich durch sein Säbelrasseln jetzt nicht schrecken lassen. Ja, der Stalin-Erbe hat Atomwaffen. Aber der Westen hat sie auch, und die Balance der Abschreckung wird so funktionieren, wie sie das auch im Kalten Krieg getan hat. Finnland und Schweden haben sich jedenfalls nicht einschüchtern lassen, sondern gehen nur ihren logischen Weg. Der Wladimir Putin seine Grenzen aufzeigt.
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