Grat-Wanderung für den künftigen König Saudi-Arabiens
Ganz heikel wird es, wenn es um die künftige Rolle der Religion geht.
Jahrzehntelang war das Machtgefüge Saudi-Arabiens ein ausbalanciertes Konstrukt zwischen den Dutzenden Familien, die sich alle auf Staatsgründer König Saud zurückführen lassen. Mit dieser Tradition brach nun der aktuelle, gesundheitlich angeschlagene Monarch Salman, 81. Er feuerte den ersten Kronprinzen, einen Cousin von ihm, und ersetzte ihn durch seinen Sohn Mohammed bin Salman. Ein gewagter Akt, gleich in mehrerlei Hinsicht, der die Weichen aber auf Jahrzehnte stellen kann – wenn das Experiment gelingt.
Zum einen ist der künftige Regent, der als Verteidigungsminister das bisher glücklose militärische Eingreifen im Jemen zu verantworten hat, erst 31 Jahre alt. Und das in einem Land, in dem das Senioritätsprinzip sehr viel zählt und das bisher von Königen beherrscht wurde, die in der Regel zwischen 70 und 80 Jahre alt waren. Zum anderen gilt der ehrgeizige „Neue“ als Erneuerer. Er steht für eine vorsichtige Öffnung und mehr Entertainment für die Menschen (demnächst soll das erste Kino eröffnet werden). Das kommt vor allem bei der Jugend gut an. Und: Schon bisher für die „Vision 2030“ zuständig, will er Saudi-Arabien vom Öl so weit wie möglich unabhängig machen und in die Zukunft führen. Das alles freilich dürfte bei Konservativen auf Widerstand stoßen.
Ganz heikel wird es, wenn es um die künftige Rolle der Religion geht. Die wahhabitische Ausprägung des Islam als Staatsreligion ist überaus rigid. Damit scheint Kronprinz Mohammed bin Salman aber wenig am Hut zu haben. Allerdings war und ist der Klerus seit der Staatsgründung 1932 eine tragende Säule der Monarchie.
Der „junge Wilde“, dem Arbeitseifer und auch Ehrgeiz nachgesagt werden, steht somit vor einer Gratwanderung, die vom engen Verbündeten in Washington und dem Erzrivalen in Teheran genauestens verfolgt werden wird.
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