Das zu hören war einerseits frustrierend, weil das Gesundheitswesen an einem Punkt angelangt ist, wo Personalengpässe, Kostenexplosion und Qualitätsmängel gesundheitsgefährdend werden. Andererseits hat hier jemand die ungeschminkte Wahrheit ausgesprochen. Das Gesundheits- wie übrigens auch das Schulwesen ist fast unreformierbar. Seit Jahrzehnten beklagen alle dasselbe: zersplitterte Kompetenzen zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, starke Lobbys, Ausbildungsmängel. Zuletzt kam noch die unzureichende Digitalisierung dazu. Die Pandemie hat Schwachstellen aufgedeckt und Probleme verstärkt. Und da reden wir noch gar nicht von der Alterung der Gesellschaft.
Außerdem gibt es noch einen „Elefant im Raum“, den niemand anspricht: die Überforderung von Schule und Gesundheitswesen durch einen zu starken Zuzug von Menschen mit schlechtem Bildungs- und Gesundheitszustand. Sie brauchen (und fordern) viel Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich gibt es auch deshalb einen Run Richtung teure private Institutionen. Eine praktische Ärztin, die am Tag 100 Patienten durchschleusen muss, wovon viele Probleme haben, sich richtig zu artikulieren, kann sich nicht darum kümmern, ob die beklagten Rückenschmerzen nicht auch psychische Ursachen haben. Gott sei Dank gibt es dennoch viele Idealisten im Beruf – aber ist die nächste Generation noch bereit, unter solchen Bedingungen zu arbeiten? In Wien zum Beispiel ist die Zahl der Kassen-Ordinationen für Allgemeinmedizin innerhalb von 25 Jahren trotz stark wachsender Bevölkerung um 144 gesunken, und es gibt schon mehr Wahl- als Kassen-Kinderärzte. Von der „Aufwertung des Hausarztes“ wird schon ewig gesprochen, geschehen ist wenig. „Es wird mehr Geld brauchen“, sagt der Gesundheitsminister, außerdem Strukturreformen, neue Ordinationsformen, und man wird Pflegepersonal außerhalb Europas anwerben müssen. Stimmt alles. Hoffentlich ist er damit erfolgreicher als seine Vorgänger(innen). Wichtig (aber schwer umzusetzen) wäre übrigens, dass menschliche Qualität auch als Aufnahmekriterium für eine medizinische und pflegerische Ausbildung zählt.
Und Österreich braucht eine Atempause bei der Zuwanderung ins Sozialsystem, sonst ist unser hohes Niveau nicht zu halten. Wir haben mittlerweile pro Kopf die höchste Zahl an Asylanträgen in der EU, weil andere Staaten Migranten einfach durchwinken. Das müsste irgendwann einmal von den Brüsseler Behörden (und auch von den Grünen, die den Gesundheitsminister stellen) berücksichtigt werden. Resignatives Scheitern kann ja wohl nicht Ziel der Politik sein.
Kommentare