Generation Corona

Die jungen Infizierten vom Wolfgangsee sind keine Virus-Bomber, sondern eine Gruppe, die ernst genommen werden will
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Wir, also die Bevölkerung, Medien eingeschlossen, haben ja immer rasch Antworten parat – auch wenn es sinnvoller wäre, sich zunächst einmal die richtigen Fragen zu stellen.

Als das Coronavirus ohne große Kontrollen über die Alpen nach Österreich auf Skiurlaub reiste, war bald klar: Es geht primär um den Schutz der älteren Bevölkerung, also um Risikogruppen aufgrund von Lebensjahren oder Vorerkrankungen. Da jedoch betagtere Menschen erfahrungsgemäß gute Konsumenten und treue Wähler sind, kam (freilich auch aus humanistischen Gründen) niemand ernsthaft auf die Idee, Ausgangssperren nur für besonders Bedrohte zu verhängen.

Dennoch offenbarte sich bald das Konfliktpotenzial. Oma und Opa saßen einsam daheim und konnten ihre Enkerl nicht sehen. Die in vielen Familien wichtigste Hilfe im Alltag brach weg, der Generationenvertrag geriet langsam in Gefahr, Bruchlinien wurden im neuen Biedermeier aber noch ausgeblendet.

Nun ist das Virus zum Sommerurlaub an den See gereist und hat dort junge Menschen befallen (die meisten von ihnen sind völlig gesund, aber positiv getestet und daher eine Gefahr). Man weiß genau, wo sie sich angesteckt haben: beim Feiern nach Dienstschluss, nach einem garantiert harten (und vermutlich nicht üppig bezahlten) Arbeitstag.

Sofort hört man – wieder einmal auf der Suche nach Simplifizierungen – die Fragen: Ja, müssen denn diese jungen Menschen unbedingt so wild feiern? Können sie sich nicht wenigstens im Corona-Sommer zurück- und Abstand halten? Ruinieren jetzt die Partypeople, auf ihrer eigenen Welle, den Tourismus und damit die Wirtschaft nachhaltig?

Sorry, falscher Zugang. Es ist genau so unsinnig, jungen Menschen Schuld zuzuweisen wie die Älteren zu verdammen. Aus dieser schrecklichen Krise kommen wir nur gemeinsam, niemals gegeneinander.

Die junge Generation leidet noch dazu besonders unter den Folgen einer Krankheit, die für die meisten in dieser Altersgruppe fast unbemerkt abläuft. Wer maturiert hat, fiel um fast alles um, was das Schülerdasein sonst so schön beendet. Wer gerade ins Berufsleben eingestiegen ist, gehört mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Gekündigten. Wer Job wechseln will, hat kaum Optionen. Die Aussichten sind für Junge – anders als für die pragmatisierte Generation – generell trist. Klar will man da mal mit Gleichaltrigen ab- und das alte Lebensgefühl kurz einschalten.

Von der Politik wurde diese Gruppe bisher nicht sonderlich berücksichtigt (siehe Schulschließungen, Arbeitslosengeld etc.). Mit Verboten lässt sich da nicht viel machen, junge Menschen müssen ebenso ernst genommen werden wie die Senioren. Sie sind nicht wandelnde Corona-Bomber, sondern die Wähler von morgen. Und unser aller Zukunft.

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