Das trifft sich gut, schließlich sind viele „Sechzehnender“ bitter enttäuscht, in all ihrer Wichtigkeit nicht mehr genug gewürdigt zu werden. Das Ende parlamentarischer Karrieren oder die Ablöse von Parteichefs – das gilt wohl auch für Fußball-Trainer und Manager – erfolgt ja fast nie reibungslos. Was liegt da näher, als sich moralisch über die alte politische Heimat zu erheben. Wobei die (übrigens fast ausschließlich männlichen) Balkon-Muppets nicht einmal merken, wie sie vom (einstigen) politischen Gegner instrumentalisiert werden. Nichts ist für Rot-Blau-Pink praktischer als ein türkis-schwarzer Kronzeuge, der sein eigenes Nest beschmutzt. Speziell die Neos bieten sich als Sammelbecken ehemaliger Schwarzer an, die – berauscht vom medialen Applaus – ihre neue humanistische Rolle entdecken. So mancher engagiert sich sogar für Antikorruption, was ja ein ehrenwertes Anliegen ist, wenn nicht einige der Proponenten in ihren aktiven Tagen selbst Nutznießer des Klientelsystems gewesen wären.
Als kleiner Kollateralschaden wird in Kauf genommen, den Wirtschaftsstandort zu beschädigen. Der sogenannte Korruptionsindex von Transparency International misst ja nicht die wahre Korruption, sondern ist eine Umfrage, die Berichterstattung widerspiegelt: Je mehr in einem Land die Korruption besprochen wird, desto mehr rutscht ein Land ab – eine self-fulfilling prophecy also.
Nun gibt es zwar tatsächlich ganz schön viel an Filz aufzudröseln (bei Weitem nicht nur in der Bundespolitik), aber ein durch und durch korruptes Land ist Österreich natürlich nicht. Und viele, die über den Parteieneinfluss klagen, stellen sich bedenkenlos beim Bürgermeister an, um einen Job für die Kinder, eine Baugenehmigung oder einen Auftrag zu erbitten.
Parteichefs, Spitzenbeamte oder Unternehmenschefs sollten vielleicht bei ihrer Amtsübernahme das Seminar „Wie umarme ich meine Vorgänger“ absolvieren, um später nicht von den gekränkten Silberrücken gerempelt zu werden. Ein echter Elder Statesman zeichnet sich allerdings dadurch aus, seinen Nachfolger/innen nicht in die Suppe zu spucken. Franz Vranitzky, Wolfgang Schüssel, Werner Faymann, Erwin Pröll, Eva Glawischnig zum Beispiel leiden sicher auch gelegentlich unter den Kapriolen ihrer Parteien, üben sich aber dennoch in nobler Zurückhaltung.
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