Gefahrloser Wohlfühl-Event

Jugend-Engagement ist super. Aber wäre man auch bereit, gegen den Meinungsstrom zu schwimmen?
Martina Salomon

Martina Salomon

Prinzipiell ist es wirklich positiv zu sehen, wenn Jugendliche (endlich) ein politisches Lebenszeichen von sich geben. Sonst wird die Politik weiterhin lieber den Interessen der Älteren folgen, als den meist recht politikfernen Jungen.

„More trees, less assholes“, lautete eine Devise der „streikenden“ Schüler. Und neben – wetterbedingt in Westösterreich – vielen Plastik-Pelerinen sah man auch viele Anti-Plastik-Plakate. Geschenkt. Manche Eltern freut’s, weil sie selbst viel zu jung für Woodstock und die meisten keine coolen Schulschwänzer waren. Bei Lehrern läuft man mit Grüne-Erde-Aktivitäten ohnehin fast immer offene Türen ein. Die Demo als Wohlfühl-Event, sogar vom Bundespräsidenten unterstützt. Aber sind wir alle wirklich bereit, unsere Bequemlichkeit und auch einen Teil unseres Wohlstandes zu opfern? Aus jugendlicher Sicht also: keine Burger, keine Fernreise, keine Billigklamotten, kein neues Handy. Denn es ist auch der einzelne Konsument, auf den es ankommt.

Von Greenpeace bis zur Opposition sprang man am Freitag freudig auf den Demo-Zug auf. Sogleich wurde davor gewarnt, Konzern-Profitinteressen vor den Schutz von Umwelt und Mensch zu stellen. Wobei der Klimaschutzbericht des Umweltbundesamtes 2018 zeigt, dass die Industrie trotz Konjunkturhochs mittlerweile weniger Emissionen ausstößt. Schuld an dem seit 2015 wieder steigenden Anstieg klimaschädlicher Gase in Österreich ist der wachsende Verkehr. Wobei neue Autos übrigens ebenfalls deutlich schadstoffärmer geworden sind, was man angesichts des deutschen Dieselskandals gerne vergisst. Fortschritt wirkt!

In diesem Sinne sollten bitte viel mehr Jugendliche Technikberufe ergreifen. Und außerdem nicht nur im, sondern manchmal auch gegen den Meinungsstrom schwimmen. Wo ist eine Demo für Pensionsgerechtigkeit oder ein besseres Ausbildungsniveau?

Die Sache ist leider etwas komplexer

Klimawandel gibt es auch ohne menschliches Zutun seit Millionen von Jahren. Zweifellos verändern aber auch der Erfolg des westlichen Lebensstils und das rapide Bevölkerungswachstum das Klima. Wobei man nie vergessen sollte: Wirtschaftswachstum und freier Handel haben gleichzeitig Milliarden Menschen aus bitterster Armut befreit. Der beste „Klimaretter“ wird die sich eintrübende Konjunktur sein: Weniger Wirtschaftswachstum, weniger Güterverkehr. Aber das kann sich niemand ernsthaft wünschen. Schon gar nicht in den erst aufstrebenden Ländern in Asien und Afrika. Die Klimasache ist also leider etwas komplexer, als es sich auf ein Plakat schreiben lässt. Aber Jugendliche, die sich engagieren, sind sicher bereit, simple Slogans kritisch zu hinterfragen. Und auch selbst Verantwortung zu übernehmen. Die Jungen von heute werden die Konsequenzen tragen, die sie jetzt verlangen. So oder so.

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