Gebt doch anderen auch eine Chance!

Berufliche Inzucht muss nicht von Vorteil sein. Zudem sind abseits bekannter Pfade interessante Persönlichkeiten mit tollen Fähigkeiten zu finden
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Wie sag’ ich es ihr bloß? Die vom besten Freund wärmstens ans Herz gelegte Chefbuchhalterin, mit der man in privater Runde auch schon Kontakt hatte, erweist sich in der Praxis als nicht tauglich für den Job in der großen Anwaltskanzlei. Mit Bedauern, aber konsequent zieht der Geschäftsführer nach Wochen des Ringens mit sich selbst dann doch einen Schlussstrich unter der Tätigkeit im Unternehmen. Vitamin B hat in dem Fall nicht gewirkt bzw. gereicht, um dauerhaft ein für beide Seiten erfülltes Arbeitsverhältnis zu schaffen.

Unangenehm für beide Seiten, zumal man auch privat verkehrt – oder jetzt verkehrte. Und der gemeinsame Freund ist auch nicht amused. Das mag ein Extremfall sein, aber die Vermischung privater und beruflicher Interessen kann ins Auge gehen. Jobs auf solchen Wegen zu vergeben, ist durchaus ein Risiko.

Obendrein wird der Blickwinkel für neue Ideen, Persönlichkeiten und Erfahrungen eingeengt. Warum also nicht auch wichtige Posten öffentlich inserieren oder ausschreiben? Klar, ein klassischer Bewerbungsprozess ist mühsamer: die Unterlagen aller Interessierten sichten, Absagen und Einladungen schreiben und dann mehrere Casting-Runden veranstalten. Das kostet Zeit und Nerven. Doch es kann sich durchaus lohnen. Und es hindert ja die von Freunden und Bekannten vorgeschlagenen potenziellen Kapazunder nicht daran, sich auch auf diesem Wege zu bewerben. Chancengleichheit für alle.

Am Ende sollte sich in einem transparenten Prozess ohnehin, der oder die Beste durchsetzen. Um das zu gewährleisten, fällt heutzutage ohnehin in vielen Firmen die Entscheidung zumindest unter vier Augen. Und der letztendlich Auserwählte muss sich nach solch einer Vorgehensweise auch nicht nachsagen lassen, nur über Vitamin B zum Zug gekommen zu sein.

Kommentare