Wirtschaftskrise: Es brennt der Hut

Wirtschaftskrise: Es brennt der Hut
Die neue Regierung muss unpopuläre Maßnahmen setzen. Ein Gastkommentar von Günter Stummvoll.

Laut Statistik Austria ist unser Wohlstand in den letzten fünf Jahren deutlich zurückgegangen. Derzeit befinden wir uns in der längsten rezessiven Phase der Nachkriegszeit. Die österreichische Wirtschaft ist das sechste Quartal in Folge geschrumpft. Es kommt zu spektakulären Pleiten, die Arbeitslosigkeit steigt und Betriebe beginnen, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern, wo die Kosten für Energie, Arbeitskräfte und Bürokratie niedriger sind. Liechtenstein freut sich auf den Zuzug von Stiftungen aus Österreich.

Wer angesichts dieser Entwicklung bei Regierungsverhandlungen glaubt, dass Steuererhöhungen die Lösung sind, lebt in einer ideologischen Traumwelt und negiert die Realität. Es ist von Experten schon hundertmal festgestellt worden, dass wir bei der dritthöchsten Steuer- und Abgabenquote in der EU kein Einnahmenproblem haben, sondern ein Ausgabenproblem. Auch der jüngst angelobte neue Finanzminister, der ein exzellenter Steuerfachmann ist, hat festgestellt, dass wir keine Steuererhöhungen brauchen. Sie wären tatsächlich Gift für die Wirtschaft und allein die öffentliche Diskussion darüber macht Betriebe bei Investitionsentscheidungen unsicher und zurückhaltend.

Wirtschaftskrise: Es brennt der Hut

Günter Stummvoll

Der Schlüssel ist die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Österreich ist in den letzten drei Jahren vom 16. Platz weltweit auf den 26. Platz zurückgefallen (IMD-Ranking 2024). Für die nächsten Jahre prognostiziert die OECD, dass Österreich beim BIP weiter zurückfallen wird.

Der jüngst verstorbene Hannes Androsch hat vor wenigen Wochen im KURIER gesagt, dass die Lage schlechter ist als die Stimmung. Das heißt was. Denn die Stimmung in der Wirtschaft ist sehr schlecht, wenn die Lage noch schlechter ist, dann brennt der Hut. Im Bewusstsein linker Ideologen und manchen Gewerkschaften ist das noch nicht angekommen. Denn da hört man das Argument, dass bisher bei Budgetkonsolidierungen immer ein Mix aus ausgabenseitigen und einnahmenseitigen Maßnahmen (Steuern) erfolgt sei – ein schwaches Argument, noch dazu, wo die Devise lautet: Nicht weiter wie bisher. Auch die schöne Formulierung, dass starke Schultern eben mehr tragen müssen, ist längst umgesetzt. Rund 50 % der Einkommensteuerpflichtigen zahlen praktisch überhaupt keine Einkommenssteuer, dafür zahlen die obersten 10 % rund 60 % des gesamten Einkommensteueraufkommens.

Österreich steht am Scheideweg. Wenn nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes absolute politische Priorität bei den Regierungsverhandlungen hat, wird unser Wohlstand weiter sinken. Den Menschen ist die Wahrheit zuzumuten, auch wenn es um unpopuläre Maßnahmen geht. Walter Scheel hat einmal gesagt: Es ist nicht Aufgabe der Politik, populäre Dinge zu tun, sondern das Richtige populär zu machen. Eine gewaltige kommunikative Herausforderung, aber notwendig.

Günter Stummvoll ist Sprecher der u. a. von IV und WKÖ getragenen Initiative Standort

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