Wir brauchen mehr Geld?

Wir brauchen mehr Geld?
Man sollte weniger verschwenden, dafür alte Pflöcke ausreißen

Die Inflation ist zweistellig, erstmals seit 70 Jahren. Aber jeden Tag verlangen wir vom Staat mehr Geld: Für Schulen, Kindergärten, aber auch Gemeinden und Tourismus, für Junge und Pensionisten. Da will man gar nicht darüber reden, dass die Steuern und die Staatsverschuldung krisenbedingt hoch sind. Jedenfalls sind alle für das Ausgeben von mehr Geld aber niemand sagt, wo wir sparen könnten.

Ja, die Inflation ist teilweise angebotsbedingt, Putins Krieg plus Spekulationen machen Energie teurer, aber auch Diesel wird knapp. Und alle brauchen viel Energie. Was vergessen wird: Inflation ist auch durch Politikfehler bedingt, und die Gesamtnachfrage aus Konsum plus Investitionen und Exporte plus Staatsausgaben ist zu hoch. Richtig ist, dass wir zu wenig gespart haben. Zum Beispiel wurden nie die falschen Subventionen für fossile Energie gekürzt – sie sind höher als jene für Erneuerbare. Die Subventionen für Großbauern bleiben, auch wenn sie extrem viel düngen, Methan zulassen, subventioniert exportieren. Kleinbauern brauchen mehr, besonders wenn Spaltböden vermieden werden sollen, aber die Großen beherrschen die Politik und die Kammer.

Die Vierfachbürokratie für Gemeinde, Land, Staat und EU wird nicht durchforstet. Die EU übernimmt neue Aufgaben, aber die alten Beamten bleiben. Wann immer jemand eine Umstellung will, wird er von einem Lobbyisten (inklusive Sozialpartnern und Parteien) eingebremst. Populisten im In- und Ausland verlangen mehr Ausgaben und bekommen Unterstützung von den Wählern und Wählerinnen.

Wir haben weder viel Energie gespart noch Flächen an Autobahnen oder Bahn für Fotovoltaik genutzt, auch große Dächer in Fabriken oder Parkhäusern sind kahl – Windräder brauchen jahrzehntelang für Genehmigung. Wenn Energie knapp wird, kann man ja wieder Kohlekraftwerke anwerfen oder Atomkraftwerke verlängern. Energie sparen? Können wir später. Ohne Sparen und Blick auf das, was wir längerfristig wollen, geht es nicht, Österreich ist vielleicht nicht Schlusslicht, im Sparen von Unnötigem und aber sicher auch nicht Vorbild. Wir haben Emissionen, die noch immer mit jedem Wachstumsprozent steigen. Jetzt sollte man unnötige Ausgaben reduzieren, die Hälfte davon denen geben, die es am dringendsten brauchen oder denen die noch für diesen Winter in Einsparungen investieren können. Die andere Hälfte sollten wir nutzen, um die Inflation zu senken. Diese ist auch so hoch, weil der Staat so viel ausgibt. Ein wenig Energie sparen ginge noch in den Wochen, bis es kalt wird, den Rest können wir bei Beleuchtung und Beheizung sparen.

Wir müssen nicht schon im Oktober Skipisten und Eisflächen verlangen, ein Monat später wäre auch möglich. Dann wäre die Inflation niedriger, und Subventionen könnten sinken.

Karl Aiginger war Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO. Er leitet die Europaplattform Wien Brüssel

Kommentare