Wahl-Annullierung: "Hättiwari" auf Rumänisch
"Hallo, Elena! Wie geht’s? – Guten Tag, Herr Präsident Macron! – Ich freue mich, dich zu sehen und dir meine Unterstützung anzubieten (…)“
Dieses Video, in dem Frankreichs Staatschef öffentlich die Präsidentschaftskandidatin Elena Lasconi unterstützt, schockierte die rumänische Wählerschaft. Es wurde an dem Tag veröffentlicht, an dem die Präsidentschaftswahlen in der Diaspora bereits begonnen hatten, bevor sie plötzlich abgesagt wurden. Rumänien schien so auf einen Angriff zu reagieren – auf eine schwer greifbare, akut bedrohliche Verschwörung.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts stellte alles auf den Kopf: Die Wahl wurde annulliert. Wegen Verdachts auf ausländische Einmischung – der jedoch auf für die Öffentlichkeit kaum greifbaren Geheimdienstinformationen beruht. Geschätzte Kosten der Annullierung laut rumänischer Presse: rund 270 Millionen Euro.
Hintergrund dieser dramatischen Entwicklung ist der Aufstieg des unabhängigen Kandidaten Călin Georgescu, einem radikalen Nationalisten, bekannt für seine Sympathien für faschistische Persönlichkeiten der Zwischenkriegszeit. Seine Popularität als orthodoxer Friedensapostel, besonders bei Jugendlichen, stellte offensichtlich eine ernsthafte Bedrohung für die EU-Linie des Landes dar. Medien versuchten panisch, den Souveränisten als dystopische Gefahr zu porträtieren. Zwei Wochen lang tobte eine beispiellose mediale Kampagne gegen ihn. Und doch schien die Kandidatin aus Macrons EU-Fraktion Renew Europe nicht in der Lage, zu gewinnen. Die neun Verfassungsrichter griffen somit gnadenlos ein, obwohl der erste Wahlgang vom 24. 11. von denselben Richtern nach angeordneter Neuauszählung der Stimmen bereits validiert worden war. Die EU-Reaktionen, selbst aus Paris, blieben auffallend still.
Enttäuschung und Wut über die Nichtigkeit des Wählerwillens durch den nicht anfechtbaren Beschluss des Verfassungsgerichtes haben die rumänische Gesellschaft in eine Krise emotionaler Erschöpfung gestürzt. Dieselbe Gesellschaft wird nun aufgefordert, irgendwann wieder zur Wahl zu schreiten. Stimmen, welche die Lage als Staatsstreich einordneten, wurden laut. Pragmatiker haben aber sofort verstanden, dass Entscheidungen der Verfassungshüter prinzipiell zu respektieren sind, es somit wenig Sinn hat, gleich einem „Hättiwari“ über unglückliche juristische Umstände zu grübeln.
Klaus Iohannis, trister Staatspräsident ohne Popularität, kündigte an, bis zur Amtseinführung eines Nachfolgers (Mitte 2025?) zu bleiben. Georgescu, als erklärter Putin- und Trump-Bewunderer, führt sein Leben weiter, auf der Überholspur.
Was Rumänien jetzt braucht, ist ein klarer Kompass der Einheit, der das Vertrauen in die Demokratie stärkt, die Wunden der Spaltung heilt und die Balance zwischen souveränem Stolz und EU-Verbundenheit wahrt.
Alex Todericiu ist gebürtiger Rumäne, Journalist in Bukarest und österreichischer Unternehmensberater.
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