Neue Themen, alte Lösungen

Neue Themen, alte Lösungen
Europa sollte sich auf die Zukunftsthemen besinnen

Wir haben einen Krieg, ganz nahe von Wien. Ein alter Partner hat ein Nachbarland überfallen, um noch ältere Träume zu verfolgen. Europa hilft mit Waffen, und ein klein wenig mit Arbeitschancen für Flüchtlinge. Die USA hat mehr Waffen, sie hat aber überall versagt, wo sie in den letzten Jahrzehnten eingegriffen hat. China versucht, aus dem Krieg Vorteile zu gewinnen, als Freund von Putin, aber mit dem Eigeninteresse die Führung der Welt zu erringen; das friedliche Reich der Mitte als neue Weltmacht, nachdem die alte Bipolarität zwischen Sowjets und den USA beendet ist. Die EU ist stärker geworden, aber intern zerstritten.

Ob Diesel- und Benzinautos ab 2035 verboten werden oder doch mit total ineffizienten Kraftstoffen weiter betrieben werden soll, wird diskutieret. Der künstliche Kraftstoff ist bestenfalls für Flugzeuge und Schiffe in dreißig Jahren sinnvoll. Oder es wird diskutiert, ob Atomkraftwerke, wenn sie neu und kleiner sind, als grün erklärt werden sollen, auch, wenn die alten gefährlich sind und viel Wasser brauchen und Neue teuer sind. Ja, aber wenn man nicht Energiesparen will, geht das.

Gott sei Dank hat Europa in Ursula von der Leyen eine gute Führungskraft. Aber sie braucht auch Unterstützung von den Mitgliedsländern. Frankreich kann nicht einmal eine Pensionsreform in Richtung 64 Jahre durchsetzen ohne wie früher – bei einer Verteuerung von Kraftstoffen – zu „brennen“. Deutschland wird von einer zerstrittenen Dreierkoalition geführt. Der Westbalkan liebäugelt mit Russland, Ungarn noch mehr – es opponiert gegen viele Fortschritte, nicht nur gegen Immigration, die gegen drohende Überalterung notwendig ist. In Österreich kehrt die ÖVP zu alten Positionen zurück, die SPÖ ist von Führungskämpfen geplagt, die Freiheitlichen haben immer wieder einen kurzfristigen Vorsprung, weil sie auf Uraltthemen setzen, gegen Wissenschaft, gegen Klimawandel, gegen Gesundheitspolitik. Bis wieder ein Skandal kommt. Grüne, Neos und Grazer Kommunisten haben positive Ansätze, sind aber nur mit mehreren Partnern mehrheitsfähig.

Denken wir daran, was wir alles schaffen sollten, und zwar gleichzeitig. Frieden in der Ukraine, Unterstützung bei Wiederaufbau durch einen Marshallplan, Klimawandel begrenzen, Ungleichheiten beseitigen, Jobs für eingliederungswillige MigrantInnen. Wenn wir das in den Vordergrund stellen, vielleicht gelingt es dann in Koalitionen mit der Zivilgesellschaft, Führung durch Jugendliche und Zusammenarbeit mit Nachbarn in Europa und in den angrenzenden Ländern die Zukunft positiver zu sehen. Kleine Ansätze sind notwendig, kein Retro. Letzteres bringt nur kurzfristig Stimmen und reduziert unsere Wohlfahrt. Besonders, wenn wir sie nicht im alten Brutto-Sozialprodukt messen, sondern in gesunder Lebenserwartung.

Karl Aiginger war Chef des WIFO. Er leitet die Europaplattform Wien Brüssel.

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