Nach Trump-Sieg: Europa muss jetzt aufwachen

EU-Staats- und Regierungschefs debattierten am Freitag in Budapest über Wettbewerbsfähigkeit
Der Wahlsieg von Trump sollte notwendige Schritte in der EU beschleunigen. Ein Gastkommentar von Karl Aiginger.

Amerika hat gewählt. Das Ergebnis ist mehr als deutlich.

Der US-Präsident, ziemlich wahrscheinlich beide Kammern des Kongresses – und damit auch Höchstrichter – wollen nun für zumindest zwei Jahre dasselbe: „Make America Great Again“. MAGA, na klar. Und das auf dem alten Weg: Viel Einsatz fossiler Energie; Zölle, wo es den USA hilft; Europa und Asien gibt es nicht; große Einkommensunterschiede weltweit und in den USA; Frieden, so wie ein Donald Trump es sich vorstellt; Russland ist wichtiger als die angegriffene Ukraine, die Palästinenser brauchen keinen Staat, Israel braucht dafür mehr Waffen.

Das ist der Zeitpunkt, an dem Europa überlegen muss, wie es seine Rolle sieht. Soll es weiter zerstritten bleiben, auf bessere Regierungen in Frankreich und Deutschland warten, den Rechtsradikalen in immer mehr Staaten die Führung überlassen? Den Westbalkan weiter warten lassen auf eine Mitgliedschaft in der EU?

Nach Trump-Sieg: Europa muss jetzt aufwachen

Karl Aiginger

Die Europäische Union muss aufwachen, gemeinsam ist Europa ein großer Kontinent. Und Europa hat ein besseres Sozial- und Wirtschaftssystem als die USA (und noch viel mehr als die autoritären Systeme in Russland, der Türkei oder China). Europa hat noch keine wirklich nachhaltig orientierte Wirtschaft, aber Ansätze dazu, die wir verstärken könnten, alternative Energien: Starke und faire Wahlen; eine Europäische Kommission, die immer stärker wird.

Ungleichheit gibt es noch, aber weniger als anderswo. Die Wirtschaft wächst nicht so stark, wie wir es uns wünschen, aber sie ist auch weniger geschützt durch Zölle. Wir halten weitgehend die Regeln des Völkerrechts ein. Europa hat eine Arbeitsteilung zwischen Gesetzgebung, Regierung und Justiz.

Wie kann Europa besser werden? Jedes Land – oder noch besser mehrere Länder gemeinsam – kann bei jeweils einem Ziel mit anderen zusammenarbeiten und bei anderen von einer weiteren Gruppe lernen. Österreich könnte zum Beispiel mit Schweden, Dänemark, der Schweiz und Norwegen bei Energie und Klima die Führung übernehmen. Italien mit Ländern wie Kroatien, Spanien oder Griechenland in der Mittelmeerpolitik.

Und diese Erfolge können dann die EU-Politik bestimmen und ihre Nachbarschaftspolitik. Die Migrationspolitik ist sicher ein schwieriges Thema – auch für den neuen EU-Kommissar aus Österreich, aber auch da wissen wir, dass Migration das Leben verbessert – sowohl für Herkunftsländer, als auch die Zielländer, wenn sich Migranten an bestimmte Regeln halten. Bildungspolitik und Universitäten liefern Qualifikationen und Innovationen.

Wir können nicht mehr länger nur nach Amerika schauen, sie machen es nicht besser, nur egoistischer. Europa kann die Führung übernehmen, bevor China es versucht.

Das wäre eine Botschaft der Wahlen in den USA, die Europa verstehen sollte.

Aufwachen und besser machen.
 

Karl Aiginger ist Wirtschaftswissenschafter, ehemaliger WIFO-Chef und Leiter der Europaplattform Wien – Brüssel

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