Klimaklage: Sind Kinderrechte durchsetzbar?
Seit 12. Juni tagt der Verfassungsgerichtshof. Er hat sich die Behandlung der Klimaklage von 12 Kindern und Jugendlichen vorgenommen, die verfassungswidrige Teile des völlig unzureichenden alten Klimaschutzgesetzes bekämpfen. Welche Chancen haben die Kinder, um ihre Rechte durchzusetzen?
Kinderrechte sind durch die UN-Kinderrechtskonvention und durch die Verfassung besonders geschützt. Das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern nennt dabei ausdrücklich auch die Generationengerechtigkeit. Dies bedeutet einen gerechten Ausgleich von Freiheiten, Rechten und Lasten. Aus diesem Kindergrundrecht lässt sich juristisch ein Recht auf Klimaschutz ableiten. Doch es fehlt in Österreich an Rechtsschutzmöglichkeiten, ein solches Recht auch gerichtlich durchzusetzen. Eine politische Lösung dafür ist nicht in Sicht.
Das Klimaschutzgesetz in Österreich ist veraltet und gibt seit zweieinhalb Jahren keine Reduktionspfade mehr für Treibhausgase vor. Das Regierungsprogramm sieht zwar immer noch eine Klimaneutralität bis 2040 vor, die Regierung hat aber kaum Schritte in diese Richtung unternommen. Unser derzeitiger Ausstoß von Treibhausgasen entspricht jenem aus dem Jahr 1985!
Im Februar reichten zwölf Kinder und Jugendliche eine Klimaklage ein, um Teile des unzureichenden alten Klimaschutzgesetzes zu korrigieren. Klimaklagen von Erwachsenen scheiterten bisher in Österreich an den engen Zugangsvoraussetzungen und wurden daher ohne inhaltliche Behandlung vom VfGH abgelehnt. Damit Klagen zugelassen werden, verlangt der VfGH in fast allen Fällen, dass sich das bekämpfte Gesetz direkt an die Kläger richtet. Das alte Klimaschutzgesetz richtet sich jedoch nicht an die Kinder, sondern an die Verwaltung.
Gleichzeitig sollte ein Klimaschutzgesetz gerade dem Schutz künftiger Generationen dienen. Wird der VfGH die Generationengerechtigkeit als wichtig genug erachten und den Kindern Rechtsschutz gewähren?
Hoffnung macht die bahnbrechende Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom März 2021, das Deutschland zur Nachschärfung seiner Klimaziele verpflichtet hat. Es sei notwendig, „mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umzugehen und sie der Nachwelt in solchem Zustand zu hinterlassen, dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten. Die Schonung künftiger Freiheit verlangt auch, den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten.“
Die Auswirkungen der Klimakrise werden immer dramatischer und unser Rechtssystem muss diesen Anforderungen gerecht werden. Sollte die österreichische Kinderklage nicht erfolgreich sein, steuert unser Rechtsstaat weiterhin auf eine Aushöhlung der Grundrechte zu. Ganz besonders bedroht sind die Kindergrundrechte und das Vertrauen der Jugend in unseren Rechtsstaat. Deshalb ist die Durchsetzbarkeit von Kinderrechten für uns alle von Bedeutung.
Leonore Theuer ist Juristin und Sprecherin der Fachgruppe Politik und Recht der Scientists for Future.
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