Kein Frieden für die Ukraine

Kein Frieden für die Ukraine
Was die Friedenskonferenz in der Schweiz zeigen wird. Ein Gastkommentar von Janos I. Szirtes.

Je näher die Konferenz für den Frieden in der Ukraine am 15. und 16. Juni rückt, desto häufiger betont der Kreml seine Bereitschaft für Friedensverhandlungen. Zweck des „Friedenswillens“ ist, möglichst viele Staaten von der Teilnahme abzuhalten und Moskau verkündete, ebenfalls nicht zu erscheinen.

Vorbedingung eines Waffenstillstandes, der Verhandlungen ist nach dem Kreml „die Anerkennung der Realitäten“, d. h. die Welt soll akzeptieren, dass fünf ukrainische Gebiete (oder: zwanzig Prozent des Staatsgebietes), als Folge der Aggression, Teil der Russischen Föderation wurden. Dies ist bereits in der Verfassung festgeschrieben zusammen mit der Auflage, keine Gebiete des Landes dürfen veräußert werden. Worüber man verhandeln soll, ist unklar. Über ein Ultimatum kann man nicht verhandeln, es kann nur angenommen oder verworfen werden. Anderseits ist der Ausgangspunkt der Schweizer Konferenz der Zehnpunkteplan von Selenskij, der die Wiederherstellung der vollen ukrainischen Souveränität besagt. Wie man Russland zum Abzug veranlassen kann, steht in den Sternen, zumal Putin einen Sieg braucht, um den Krieg vor seinen Bürgern rechtfertigen zu können. Ein militärischer Erfolg der Ukraine an der Front würde dem Friedensprozess dienlich sein, allerdings gehen Kiew die Soldaten aus und die westliche Unterstützung reicht stets nur für kleine Veränderungen an der Front aus, während Putin das Land in Schutt und Asche schießt.

Kein Frieden für die Ukraine

Janos I Szirtes

Die tatsächlichen Gründe für den Angriff auf die Ukraine waren die Bedrohungsphobie und die Wiederherstellung der Großmachtposition aus der Sowjetzeit. Die Angst, überfallen zu werden, war seit Jahrhunderten stets ein Grundpfeiler russischer Politik. Um einen Angriff zu verhindern, sollten die Grenzen möglichst immer mehr ausgedehnt werden. Neue Grenzen hieß dann neue Bedrohung – in Endlosspirale.

Ohne Teilnahme Russlands kann es in der Frage der Beendigung des Krieges keinen Fortschritt geben. Wie zu hören ist, versucht die EU, eine Zusammenkunft unter Teilnahme aller Betroffenen auf die Beine zu stellen. Ob dies zustande kommt oder die Konferenz in der Schweiz Weichen stellt, ist ungewiss, zumal Putin die Legitimität des ukrainischen Präsidenten, dessen Amtszeit am 20. Mai abgelaufen ist, in Frage stellt, obgleich die ukrainische Verfassung eine Wahl in der Kriegszeit nicht zulässt und der Präsident bis zur Wahl seines Nachfolgers in Amt bleibt.

Es sei an das Münchner Abkommen erinnert. An Friedensplänen und Vorstößen fehlt es nicht. Ob es China, Afrika oder andere sind, den Prozess hat keine dieser Verkündungen vorangebracht. Die Konferenz in der Schweiz wird für die Ukraine keinen Frieden bringen. Es wird aber zeigen, wie die Welt zu der Aggression steht und Russland sieht, bei wem seine Drohungen wirken.

Janos I. Szirtes ist Politikwissenschafter, lebt in Budapest. War Journalist und Diplomat, verfasste zahlreiche Bücher

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