Vilimskys "Hexentrio"-Sager: "Schwarze" Sprachmagie

EU-PARLAMENT: PK FPÖ / VILIMSKY
Der „Hexentrio“-Sager des FPÖ-Europa-Abgeordneten aus psychologischer Sicht. Ein Gastkommentar von Rotraud Perner.

Ein Satz des deutschen Dichterfürsten (und Freimaurers) Johann Wolfgang Goethe (1749– 1832) aus seinem Werk „Zur Farbenlehre“, den ich sehr liebe, lautet: „Wär nicht das Auge sonnenhaft, Die Sonne könnt es nie erblicken“. Damit ist gemeint, dass wir vor allem das erkennen, was mit uns selbst zu tun hat – Gutes wie Schlechtes.

Letzteres unterstellen wir gerne anderen. Wir kennen es vielleicht noch aus dem Musikunterricht, wenn die Stimmgabel angeschlagen wurde und wir den Ton mitsummen mussten: so lernten wir, diese Schwingung bewusst in uns aufzunehmen und nachzuahmen. Später genügt bei manchen ein Stimmklang – ein Wort, ein Name, oft auch ein Bild, eine „Ansicht“ – und sie gehen spontan und unbewusst in Resonanz. Dort, wo wir keine Resonanz besitzen – wo wir also nicht mit eigenem gleichen Denken, Fühlen, Empfinden oder sogar Intuitionen reagieren, nehmen wir kaum wahr: es berührt uns nicht, es versetzte uns nicht in „Gleichklang“.

Vilimskys "Hexentrio"-Sager: "Schwarze" Sprachmagie

Rotraud Perner

Daran musste ich denken, als ich im KURIER las, der FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky hätte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde als „Hexentrio“ bezeichnet, „die wir die Peitsche spüren lassen“ werden. („Hexentrio“: FPÖ-Mandatar Vilimsky sorgt mit sexistischem Sager für Empörung – kurier.at am 18. 7.) Die Salzburger Nachrichten titelten dazu: „Fürchtet Vilimsky starke Frauen?“ – aber das glaube ich nun doch nicht. Möglicherweise wollte er als HAK-Absolvent im Abklatsch zu Friedrich Nietzsches viel, aber nicht korrekt zitierter Wortverbindung von Weib und Peitsche sich ein Mäntelchen klassischer Bildung umhängen? Oder aber witzig sein? Das sollten Abgeordnete lieber den Profis – den Kabarettisten – überlassen, solche „Gags“ sind Bumerangs, das hat schon Bundeskanzler Nehammer schmerzlich erfahren müssen.

Oder hoffte er damit auf Stimmenzuwachs aus der SM-Szene? Dort ist seine Mittelalter-Reminiszenz wohlwollend aufgenommen worden, wie ich durch einen Anruf einer Aktivistin informiert wurde. Jedenfalls wissen wir Frauen jetzt genau, welche geistigen Bilder er bei studierten Fachfrauen wie der Ärztin Von der Leyen und den beiden Juristinnen Metsola und Lagarde konstruiert und der Öffentlichkeit als Ohrwurm einpflanzen will: Sie müssen wohl Hexerei betreiben – anders wäre doch nicht erklärbar, dass sie kompetenter geworden wären als Durchschnittsmänner. Und genau diese Methode, abwertende Slogans zu kreieren und medial zu verbreiten, fällt unter – allerdings „schwarze“ – Sprachmagie (vgl. die NLP-Grundsatzbücher „Die Struktur der Magie“ 1 und 2) und vergiften nicht nur das interpersonelle soziale Klima, sondern letztlich intrapersonal auch deren Schöpfer.

Rotraud Perner ist Juristin, Psychoanalytikerin, war Univ.-Prof. für Prävention u. Gesundheitskommunikation. Autobiografie: „Niemandsweib“

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