Hände weg von der Neutralität

Hände weg von der Neutralität
Stattdessen braucht es effiziente Landesverteidigung

Österreich hat im Zusammenhang mit der Neutralität seine eigene, spezifische Geschichte. Die Bundeskanzler Leopold Figl und Julius Raab hatten ein wesentliches Ziel: Österreich sollte möglichst rasch frei, unabhängig und von den Besatzungsmächten befreit werden.

Deshalb waren sie aus freien Stücken bereit zu einer Neutralität Österreichs, was ursprünglich von den Westmächten gar nicht gern gesehen, von den Sowjets allerdings begrüßt wurde. Raab mahnte schon damals, „den russischen Bären nicht bei jeder Gelegenheit in den Schwanz zu zwicken“. Der Erfolg der klugen Politik des Staatsvertragskanzlers Raab stellte sich bald ein. Dies war der einzige Weg, Österreich vor einem Schicksal wie jenem Deutschlands zu bewahren, das über vier Jahrzehnte in Westdeutschland und in die kommunistische DDR zerrissen war.

Das gleiche Schicksal hätte auch Österreich gedroht: Teilung an der Enns in ein kommunistisches Ost-Österreich und einen westlichen Teil. Das wurde durch das freiwillige Bekenntnis Österreichs zur immerwährenden Neutralität verhindert und brachte den ersehnten Staatsvertrag.

Im Rahmen seiner Neutralität war Österreich immer an den westlichen Werten orientiert, hat in Krisenzeiten seinen Nachbarn mit vollem Einsatz geholfen und sich in nahen und fernen Krisengebieten engagiert. Wir sind ein loyales Mitglied der EU und der internationalen Organisationen. Aber eben ohne ein militärisches Bündnis einzugehen. Auch wenn der Krieg in der Ukraine die großen Mängel der Verteidigungssysteme vieler europäischer Staaten, auch Österreichs, deutlich gemacht hat, so darf doch auf die Vernunft der österreichischen Bevölkerung verwiesen werden, die sich im Jahr 2013 bei einer Volksbefragung mit einer hohen Wahlbeteiligung von 52 Prozent mit einer deutlichen Mehrheit von 60 Prozent für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen hat. Nicht zu vergessen, dass sich der damalige SPÖ-Verteidigungsminister und seine Partei wie auch die Grünen gegen die allgemeine Wehrpflicht und für das demokratiepolitisch problematischere Berufsheer ausgesprochen hatten.

Der grundsatzbefreite Merkelismus hingegen schuf in einer populistischen Ho-Ruck-Aktion in Deutschland die Wehrpflicht ab und fuhr die Bundeswehr so weit herunter, dass sie heute als nicht einsatzfähig bezeichnet wird. Solch identitätsstiftende Elemente eines Staates wie unsere Neutralität unter dem aktuellen Eindruck eines furchtbaren Krieges und der damit verbundenen Emotionen zu diskutieren, ist fahrlässig. Seien wir froh, dass der österreichische Bundeskanzler und mit ihm die große Mehrheit der Bevölkerung hier eine klare Position haben. Daher: Hände weg von der Neutralität – alles für eine effiziente Verteidigung der Neutralität!

Franz Schausberger ist Universitätsprofessor und ehemaliger Landeshauptmann in Salzburg.

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