Wie die Gehaltslücke schrumpfen kann
Der heutige Valentinstag steht nicht nur im Zeichen der Liebe, sondern auch im Zeichen der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Der Equal Pay Day bietet jährlich Gelegenheit, die scheinbar verheerende Gehaltsdiskrepanz zu thematisieren. Klar ist: Nach wie vor verdienen Frauen weniger als Männer. Erst heute, am 14. Februar, haben vollzeitbeschäftigte Frauen das Gehalt erreicht, das gleichermaßen beschäftigte Männer bereits bis zum 31. Dezember 2023 verdient haben. Doch es lohnt sich, etwas genauer hinzusehen.
Nicht nur ist der „Gender Pay Gap“ von 22,5 Prozent im Jahr 2004 auf mittlerweile knapp über 12 Prozent geschrumpft, die Unterschiede lassen sich zum Großteil auch erklären. Mit der immer wieder unterstellten Diskriminierung hat die Gehaltslücke nämlich wenig zu tun. Anstatt sich in ihrer Opferrolle zu suhlen, sollten Frauen ihre Möglichkeiten nutzen, um die positiven Entwicklungen weiter fortzusetzen.
Wesentliche Unterschiede ergeben sich bereits bei der Berufswahl. Frauen sind häufiger in schlecht bezahlten Branchen wie etwa dem Sozial- oder Gesundheitsbereich tätig. Lukrativere Jobs, vorwiegend in der IT- oder Baubranche, sind hingegen stark männerdominiert. Und obwohl niemand in ein Berufsbild gezwungen werden sollte, müssen allen die gleichen Möglichkeiten offenstehen. Bereits im Schulalter können Mädchen für MINT-Fächer begeistert werden, statt ihnen einzureden, dass Technik Männersache ist.
Eine entscheidende Rolle für den Pay Gap spielt auch, dass die Kinderbetreuung in Österreich immer noch hauptsächlich Frauensache ist. Nach einer Geburt enden Frauen, sofern sie überhaupt voll ins Berufsleben zurückkehren, tendenziell in Positionen, die weit unter ihren Qualifikationen liegen.
Mütter verdienen im Vergleich zu kinderlosen Frauen auch lange nach der Elternkarenz noch deutlich weniger. In kaum einem EU-Land ist die „motherhood penalty“ größer als in Österreich. Kürzere Karenzzeiten und eine stärkere Väterbeteiligung würden helfen, die Gehaltslücke effektiv zu reduzieren. Etwa, indem jeder Elternteil maximal ein Jahr in Karenz gehen kann, der nicht in Anspruch genommene Teil der Karenz sollte dabei nicht auf den Partner oder die Partnerin übertragen werden können.
Ganztägige Kinderbetreuung, insbesondere in ländlichen Regionen, ist eine notwendige Voraussetzung, um Frauen die individuell gewünschte Erwerbsbeteiligung und dadurch die Chance auf höhere Gehälter zu ermöglichen. Möglichkeiten, dass sich das Gehalt vollzeitbeschäftigter Frauen weiter an jenes ihrer männlichen Kollegen annähert, gibt es demnach durchaus. Der Valentinstag bietet doch eine gute Gelegenheit, sich eingehend über die Aufteilung der Kinderbetreuung zu unterhalten. Das hilft Frauen mehr als ein schöner Blumenstrauß.
Carmen Treml ist Ökonomin beim marktliberalen Thinktank Agenda Austria.
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