FPÖ und AfD entzaubern? Menschen wählen Hoffnungen
Kürzlich hat Hans Rauscher FPÖ-Chef Kickl einen „populistischen Antidemokraten“ genannt und die Aufgabe der Medien in entsprechender Aufklärungsarbeit gesehen. Rauscher belässt es beim monotonen Warnen, ohne die Themen der FPÖ, die Stimmung im Land und die Rolle der Medien zu analysieren.
Die FPÖ und ihre Obleute zu entzaubern, ist immer dann gelungen, wenn andere Parteien über überzeugende Führungspersönlichkeiten verfügt haben, die konkrete Antworten oder zumindest überzeugende Visionen und nachvollziehbare Ziele bereitgehalten haben. Menschen wählen Hoffnungen.
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Die FPÖ ist eine Strukturpartei, verankert in Städten und Gemeinden, mit vielfältiger Regierungserfahrung und einem verfestigten Stammwähleranteil von rund 17 %. Das unterscheidet sie von der AfD in Deutschland und ist ein Grund, warum es derzeit keine Massenproteste wie gegen die AfD gibt. Wobei es Lichtermeere gegen die FPÖ immer wieder gegeben hat.
Je mehr „die Medien“ Aufklärung im Sinne Rauschers betreiben, desto stärker wird die FPÖ. Überraschend? Meine These: Die Menschen haben genug von „moralisch überlegener“ Aufklärung. Sie wollen umfassend informiert werden, um sich selbst eine Meinung zu bilden. Wer Gesinnung vor Information stellt, verliert die Menschen und öffnet den Platz für Fake News und dubiose Informationsquellen, von denen sich viele besser verstanden fühlen als von etablierten Anbietern.
Das Warnen vor der „rechtsextremen“ FPÖ ist nur für einen kleinen, stets gleichen Teil der Bevölkerung ein ausreichendes Wahlmotiv. Das reicht dem weitaus größeren Teil der Bevölkerung einfach nicht. Denken wir an die Bundespräsidentenwahl mit 46,2 % für den FPÖ-Kandidaten – das ist einfach mehr als ein „rechtsextremes Protestpotenzial“. Sahra Wagenknecht ist in ihrer Analyse zur AfD schon weiter, wenn sie feststellt: „Die AfD ist nicht deshalb so stark, weil es plötzlich so viele Wähler mit rechtsradikaler Gesinnung gibt. Die AfD ist so stark, weil die Politik in Berlin so katastrophal ist.“ Entzaubern braucht inhaltliche Auseinandersetzung.
Akzeptanz und Verständnis für die Menschen und ihre Themen sind also der erste Schritt zur Entzauberung der FPÖ: In Zeiten von Teuerung, multiplen Krisen und Wohlstandssorgen wird man mit Verbotspolitik, Heizungszwangstausch und Gender-Sternchen nicht punkten. Leistbares Wohnen und Zugang zu vernünftigen Krediten, Entlastung der Leistungswilligen, Beschränkungen des Zugangs zum Sozialsystem, Migrationsstopp und Integrationspflicht – das sind die aktuellen Themen, die den Menschen im Herzen brennen. Wer diese Themen nicht nur nicht adressiert, sondern schon die Befassung damit als „rechts“ verunglimpft, verliert die Menschen und den Stammtisch. Die Rechnung folgt dann in der Wahlzelle.
Markus Keschmann ist politischer Kampagnenmanager und war in verschiedenen Positionen für die ÖVP tätig.
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