"Fat Cat Day": Sind Vorstände die großen Abzocker?

Businesswoman Feeling The Stress Of Workplace Discrimination
Verdienen Österreichs Spitzenmanager wirklich unverschämt viel? Wie die Arbeiterkammer die Statistik frisiert. Ein Gastkommentar von Carmen Treml.

Unternehmensvorstände haben innerhalb weniger Tage bereits so viel verdient, wie ein österreichischer Durchschnittsverdiener bis zum Jahresende. Mit dieser „Schockmeldung“ sorgt die Arbeiterkammer (AK) alljährlich früh im Jahr medial für Furore.

Der von der AK berechnete sogenannte „Fat Cat Day“ soll zeigen, wie viele Tage Vorstände börsennotierter Unternehmen brauchen, um so viel zu verdienen wie ein durchschnittlicher Beschäftigter. Kleiner Spoiler: Sie wären schon in der ersten Jänner-Hälfte fertig. Wieso die Chefs mit den flauschigen Haustieren gleichgesetzt werden, bleibt ein Rätsel. Ziemlich klar hingegen ist die Fragwürdigkeit der AK-Berechnungen und der daraus getroffenen Schlussfolgerungen.

Über Fairness lässt sich ja bekanntlich streiten und es ist offenkundig, dass die Vorstände börsennotierter Unternehmen nicht am Hungertuch nagen müssen. Dass sie aber laut Arbeiterkammer in etwa 80 Mal so viel verdienen würden wie ein Angestellter, ist unhaltbar. Das beginnt schon einmal damit, dass die Einkommen nicht um die Teilzeit bereinigt werden – Vorstände werden also munter mit Teilzeitbeschäftigten verglichen.

Außerdem werden Mittelwert und Median unkommentiert vermischt. Natürlich werden auch nur die Bruttogehälter für die Berechnung herangezogen, denn würde man berücksichtigen, dass die Spitzenverdiener auch mehr als 500 Mal so viel Lohnsteuer zahlen wie ein Durchschnittsverdiener, wäre die Story ja nicht einmal halb so gut. Im Vergleich zur Direktorin der Arbeiterkammer Wien reduziert sich das Verhältnis netto auf 8:1.

"Fat Cat Day": Sind Vorstände die großen Abzocker?

Carmen Treml

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Zudem unterstellt die AK, dass die Spitzenverdiener täglich zwölf Stunden arbeiten, und das auch an drei von vier Wochenenden und mit weniger Urlaubstagen als die Angestellten. Das mag stimmen, der Belegschaft ist das gesetzlich untersagt.

Keinerlei Rede ist davon, dass in Führungspositionen deutlich mehr Verantwortung übernommen werden muss und die Personen teils jahrelang hart auf diese Position hingearbeitet haben. Würde man den Vergleich mit einer ähnlich qualifizierten Führungsposition anstellen, schmilzt die scheinbare Gehaltskluft.

Noch widersprüchlicher als die Berechnungen sind aber die Schlussfolgerungen. So ist die Rede von Gehaltsobergrenzen, beziehungsweise einer Verhältnisregelung zur Vergütung der Angestellten. Darüber hinaus wird volle Gehaltstransparenz gefordert.

Interessant, dass die Arbeiterkammer selbst bis heute nicht preisgibt, wofür die halbe Milliarde Euro an Kammerbeiträgen im Detail verwendet wird. Das offenzulegen wäre daher der erste notwendige Schritt zu mehr Transparenz und sinnvoller, als sich jedes Jahr aufs Neue den Kopf darüber zu zerbrechen, wie viel ein Manager verdienen soll. Das ist die Sache der Aktionäre.

Politische Partei?

Von einer gesetzlich vorgeschriebenen Interessenvertretung könnte man sich etwas mehr statistische Redlichkeit erwarten. Die AK ist schließlich keine politische Partei. Oder doch?

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