Dürfen Banken Gewinne machen?

Dürfen Banken Gewinne machen?
Angebliche Übergewinne stehen in der Kritik. Banken müssen aber Eigenmittel aufbauen, um Ausfälle verkraften zu können. Ein Gastkommentar von Johannes Rehulka.

Immer wieder wird moniert, dass Banken Übergewinne zulasten ihrer Kunden generieren würden (zuletzt im Gastkommentar von Barbara Blaha „Bankgewinne ohne Grenzen“ im KURIER vom 2.11.). Aber stimmt diese Analyse?

Banken sind eine entscheidende Schnittstelle zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern. Sie sammeln Einlagen der Kapitalgeber und geben Geld in Form von Krediten an Kapitalnehmer weiter. Diese Funktion ist für Privathaushalte und für Unternehmen wichtig, die keinen direkten Zugang zum Kapitalmarkt haben. Dabei müssen Banken stets kurz- und langfristig planen: Sie müssen darauf achten, dass sie ausreichend Liquidität für die Vergabe neuer Kredite zur Verfügung haben. Sie müssen aber auch ausreichende Eigenmittel aufbauen, um potenzielle Ausfälle verkraften zu können.

Dürfen Banken Gewinne machen?

Johannes Rehulka

2023 hat Agenda Austria erhoben, dass die österreichischen Banken im europäischen Vergleich die zweithöchsten Sparzinsen auf täglich fällige Spareinlagen bezahlen. Hierbei kann gar nicht oft genug betont werden, dass täglich fällige Einlagen für einen nachhaltigen Vermögensaufbau nicht geeignet sind. Girokonten waren und sind immer schlechter verzinst als klassische Vermögensaufbauprodukte.

Aber warum wird behauptet, dass die Leitzinsen so weit von den Sparzinsen entfernt sind? Blicken wir zurück auf die Nullzinsjahre der EZB von 2016 bis 2022. Diese Jahre zählten in einer historischen Betrachtung zu den schwierigsten Jahren für Banken. Sie durften Privatkunden keine Negativverzinsung verrechnen, obwohl sie selbst negative Zinsen für die eigene Finanzierung am Markt bezahlen mussten. Niemand rief in dieser Zeit nach Unterstützung für die Banken, nicht einmal die Banken selbst. Dennoch haben sie dieses Worst Case Szenario durch höhere Produktivität und Einsparungen stabil überstanden.

Gleichzeitig hat die EZB in diesen Jahren den Geldmarkt mit Geld geflutet. Dieses billige Geld ist als Überschussliquidität noch immer in den Bankbilanzen vorhanden und ermöglicht Banken günstige Refinanzierungskosten. Derzeit liegt die Überschussliquidität bei über 3.000 Mrd. Euro bzw. einem Viertel der Wirtschaftsleistung im Euroraum. Diese ultraexpansive Notenbankpolitik der vergangenen Jahre hat also bei den europäischen Banken zu einer gewissen Zurückhaltung im Einlagengeschäft geführt. Dabei sind Österreichs Banken wie bereits oben erwähnt eher Vorbild als Feindbild ihrer Kunden. Die Differenz zwischen täglich fälligen Spar- und variablen Kreditzinsen von rund 4 % ist im historischen Vergleich genau gleich hoch wie vor Start der Nullzinspolitik. Nur von 2016 bis 2022 war diese Differenz geringer – bei rund 2 %. Insoweit hält auch der häufig vorgebrachte Vorwurf, dass die Lücke zwischen Einlagen- und Kreditzinsen immer weiter auseinanderklafft, den Fakten nicht stand.

Finanzmarktstabilität ist ein wertvolles Gut. Nach Jahren der Niedrigzinsphase ist das Bankgeschäft wieder profitabel. Das wird sich mit fallenden Leitzinsen auch wieder ändern. Jedenfalls werden Banken Gewinne brauchen, um einen Anstieg bei Kreditausfällen mit ausreichenden Eigenmitteln zu kompensieren und die Transformation unserer Wirtschaft finanzieren zu können.

Johannes Rehulka ist Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes

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