Grüne Irrwege

Türkis-grüne Koalition: Der Autor sieht beileibe nicht „das Beste aus beiden Welten“ 
Kanzler Nehammer wurde der grünen Irrwege in der Regierung nicht Herr. Ein Gastkommentar von Hans Harrer.

Grün ist bekanntlich die Farbe der Hoffnung. Nach fünf Jahren in der österreichischen Bundesregierung ist allerdings die Hoffnung sehr groß, endlich wieder ohne die Grünen und ihre Ideologie auszukommen. Was unter Zweifeln und Ächzen begann, endet nun in einem skandalösen Showdown, in welchem die selbst ernannten Klimaretter nicht nur die komplette Regierung, sondern auch den Kanzler und die Republik brüskiert haben. Bundespräsident Van der Bellen jedoch tut das, was er am besten kann: Er schweigt.

Und selten hat sich ein Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann von einem Juniorpartner so sehr vorführen lassen wie Karl Nehammer. Seine nach dem Ibiza-Skandal mit 37 Prozent wieder in den Nationalrat eingezogene Partei hatte 2019 die einmalige Chance, endlich Dinge voranzubringen und den jahrelangen Reformstau des Landes abzuarbeiten. Was geschah stattdessen: Das Klimaticket, die verwässerte Öko-Steuerreform und Rekordinvestitionen in den Klimaschutz, und nun noch die Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz trotz lautem Widerstand der Kanzlerpartei und der Bundesländer.

Grüne Irrwege

Hans Harrer

Die Abschaffung der Kalten Progression musste den Grünen abgekauft werden durch die jährliche Erhöhung diverser Sozialleistungen, und die schon lange von der Wirtschaft geforderte Modernisierung des Gesellschaftsrechts hängt sich der Regierungspartner am Soziussitz als eigenes Verdienst um. Dabei hinkt das Gesetzeswerk rund um die neue FlexKapG/FlexCo mit seinen Minimalerfordernissen den Gesellschaftsformen der anderen OECD-Staaten immer noch nach.

Das Resultat: Österreichs stürzt in internationalen Rankings ab. Der „World Competitiveness Report“ des IMD-Instituts reiht Österreich nur noch auf Rang 26 von 67 Ländern. 2020 lag Österreich noch auf Rang 16. In der Subkategorie „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ tauchten wir gar vom 15. auf Platz 33 ab und der Kanzler war nicht in der Lage, der grünen Irrwege Herr zu werden.

Wer die Klimaapokalypse heraufbeschwört und damit jeden Alleingang, jeden vermeintlichen Rechtsbruch, ja jedes demokratiefeindliche Auftreten von Klimaklebern bis zum möglicherweise ministeriellen Verfassungsbruch rechtfertigt, hat nichts in einer Regierung verloren. Wer, getrieben von Angst und Panik, staatliche Oben-herab-Planwirtschaft als einzigen Rettungsanker sieht, versteht die Menschheit nicht. Denn nur mit den Menschen und deren Engagement, mit positiver Motivation, mit freien Entscheidungen und marktwirtschaftlichen Anreizen, sind echte Veränderungen möglich.

Die Politik sollte tunlichst soziale Verwerfungen als Ergebnis von nicht rechtsstaatskonformem Verhalten vermeiden. Die Apokalypse ist dann eher das Resultat einer polarisierten Gesellschaft als des Klimawandels.

Hans Harrer ist Vorstandsvorsitzender des Senats der Wirtschaft Österreich,

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