Die Bevölkerung ist schon weiter als unsere Klimapolitik
In ungewohnter Eintracht präsentierte die Bundesregierung diese Woche den Nationalen Energie- und Klimaplan. Die enthaltenen Ziele und Maßnahmen sind Leitplanken für den Weg aus den derzeitigen Krisen in eine positive Zukunft. Unsere Krisen kennen wir allzu gut: Die Energiekrise hat die Inflation in allen Lebensbereichen angefeuert. Unwetter bringen die Klimakrise bis an unsere Haustür. Das Artensterben gefährdet unsere Ernährungssicherheit.
Doch viel zu selten sprechen wir über die Chancen, die sich ergeben, wenn wir diese Krisen ernst nehmen: Ein besseres Leben durch sichere Jobs, günstige Energie und höhere Lebensqualität. Ein gestärkter Wirtschaftsstandort durch krisensichere Energieversorgung und Investitionssicherheit. Der präsentierte Plan hätte das Potenzial, all diese Chancen aufzugreifen. Er beschreibt, wie Österreich günstige Energie aus Wind, Sonne und Wasserkraft ausbauen will. Er stärkt die Tiefengeothermie als stabile Energiequelle, die uns unabhängiger von Öl und Gas macht. Er unterstützt Haushalte beim Energiesparen, womit mehr im Börsel bleibt. Auch die Öffis sollen für mehr Wahlfreiheit massiv ausgebaut werden. Das ambitionierte Ziel bei der Streichung von klimaschädlichen Subventionen wurde durch Finanzminister Brunner höchstselbst beworben. Das könnte bisher fast unaussprechliche Maßnahmen umfassen wie die Reform des Pendlerpauschale oder das Aus für das Dieselprivileg. Der Plan bleibt jedoch viele Details schuldig.
Doch was will die Bevölkerung? Zum einen sehen wir den anhaltenden Boom bei Photovoltaik und Wärmepumpen in Privathaushalten – denn sie bringen unabhängige, günstige Energie. Weitere Trends sind schwerer zu fassen. Die Initiative Zukunftsallianz holt derzeit in ganz Österreich die Ideen der Bevölkerung für ein besseres Leben ein. Im Herbst wird das Ergebnis des österreichweiten Dialogprozesses präsentiert. Die Zwischenergebnisse zeigen bereits: Viele Verbesserungen im Alltag schützen auch das Klima und die Umwelt, und wären jederzeit umsetzbar.
Ganz oben steht der Verkehr, ein breiter Wunsch nach günstigen Öffis, der Verdichtung des Netzes, und Sammeltaxis. Die Menschen fordern ein alltagstaugliches Angebot für den Umstieg auf Öffis. Hochrelevant ist auch die Raumplanung mit belebten Ortskernen und verkehrsberuhigten Zonen. Die Menschen wollen den eigenen Ort als lebenswerten Raum zurückgewinnen. Auch der Bodenverbrauch ist wichtig: Den Menschen ist bewusst, dass wir zu viele Flächen versiegeln – was sich derzeit durch Überschwemmungen bemerkbar macht.
Fragen wie Autos oder Öffis, Versiegeln oder Bestandsnutzung sorgen nur politisch für hohe Wellen – die Bevölkerung scheint hier schon weiter zu sein als die Politik. Die künftige Regierung wäre gut damit beraten, die Chancen für die Bevölkerung zu nutzen, anstatt die Vergangenheit festzuhalten. Denn die Bevölkerung erwartet eine Zukunft.
Christian Kdolsky ist Sprecher der Zukunftsallianz, initiiert durch das Klimavolksbegehren und unterstützt von Rotem Kreuz, Bürgermeistern und den großen Religionsgemeinschaften
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