Der Kampf gegen den Klimawandel braucht ein einiges Europa

Christoph Leitl
Es nützt nichts, von fernen Zielen zu schwärmen, ohne die ersten Schritte konkret einzuleiten.

Es ist ja gut, richtig und wichtig, dass die Europäische Union eine Pionierrolle in den Strategien gegen die globale Klimakrise einnimmt. Aber will man damit erfolgreich sein, muss man die globale Krise auch durch globale Kooperation einer sinnvollen Lösung zuführen.

Die Europäische Union kann stolz darauf sein, in den letzten drei Jahrzehnten ein Drittel ihres CO2-Ausstoßes reduziert zu haben. Aber was ist das wert, wenn im gleichen Zeitraum weltweit der CO2-Ausstoß um zwei Drittel gestiegen ist? Gar nichts, wenn man bedenkt, dass der EU-Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß nur knapp zehn Prozent beträgt. Dazu kommt, dass die Bevölkerung weltweit und in einigen Kontinenten dramatisch rasch wächst, sodass der Energiebedarf weltweit steigen wird.

Schon jetzt wandern energieintensive Betriebe aus Europa ab. Die hohen Energiepreise auf der einen Seite und die restriktiven Umweltvorgaben auf der anderen Seite fördern eine Verlagerung von industriellen Investitionen, die jedoch keine Verbesserung der Welt-Klimabilanz bringt, sondern eher eine Verschlechterung. Es ist daher klar, dass für ein globales Problem wie eben diese Klimakrise auch ein globaler Lösungsansatz erforderlich ist.

Verzweiflung

Das bei der UN-Klimakonferenz 2015 beschlossene Pariser Abkommen war ein Beginn, der jedoch nicht mit Nachdruck und konsequent weiterverfolgt wurde. Die Klima-Protestierer – man mag zu ihren aktuellen Aktionen stehen, wie man will – sind Ausdruck einer zunehmenden Verzweiflung gegenüber globaler Untätigkeit.

Ein generelles Neudenken ist erforderlich. Dieses müsste auf der Basis der Pariser Vereinbarung eine Bestandsaufnahme vornehmen und sodann jährliche konkrete Schritte für Maßnahmen, deren Umsetzung und Kontrolle, gegebenenfalls auch Sanktionen, ermöglichen. Es nützt nichts, von fernen Zielen zu schwärmen, ohne die ersten Schritte konkret einzuleiten.

Die G20, die größten Industrieländer der Welt, könnten diesbezüglich eine Führungsrolle einnehmen. Und sie müssten sich dabei der Expertise von Wirtschaft, Wissenschaft und der Konsumentinnen und Konsumenten bedienen. Eine Art Klima-Masterplan also, der dann auch ausrollbar ist auf andere Bereiche, die unsere Umwelt und damit unsere Lebensbedingungen bedrohen: die Vermüllung der Meere mit Plastikabfällen, die dramatische Abwasserentsorgungssituation in vielen Teilen der Welt. Hier könnte Europa ideell mit Ideen und Konzepten federführend sein.

Und ein starkes und einiges Europa könnte nicht nur Bewusstsein für die Notwendigkeit der Lösung dieser Krisen schaffen, sondern auch Wege zu deren Bewältigung aufzeigen und in Partnerschaft mit allen anderen Teilen der Welt umsetzen, denn es geht nur mit Einbeziehung auch der übrigen 90 Prozent.

Christoph Leitl war von 2000 bis 2018 Präsident der Wirtschaftskammer, danach Präsident der Eurochambres auf EU-Ebene

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