Der große Verteilungsstreit
Es brechen harte Zeiten für den Finanzminister an. Die Länder rüsten für die Finanzausgleichsgespräche auf, der Präsident der Wirtschaftskammer will Milliarden für die Kinderbetreuung, und die Regierung will die Maßnahmen und Vorgangsweisen während der Pandemie untersuchen lassen. Hinzu kommen Bemühungen, das angeblich so desolate Gesundheitssystem neu aufzustellen und jene der Pensionistenverbände.
Wie in Österreich üblich, gibt es harschen Austausch von Argumenten aller Beteiligten, die man sich durch die Medien ausrichtet. Themen und Verfehlungen werden von den Vertretern einer unglaublichen Vielzahl an demokratisch legitimierten Einrichtungen, wie Länder, Gemeinden, Verbände, Kammern, Gewerkschaften, Wirtschaftsforschungsinstitute, Universitäten etc., beinahe täglich geliefert. Aber einzigartig ist – wenn man Demokratien vergleicht: Zahlen darf nur einer, der Finanzminister. Alle Institutionen haben gemeinsam: Sie haben die Finanzierung ihrer Einrichtungen ausgelagert, weil sie sich die Einhebung der für sie notwendigen Mittel von den Betroffenen ihrer Institutionen und daher eigentlichen Beitragspflichtigen gar nicht antun wollen. Oder, sollten die Abgabenbehörden gar nicht für die Einhebung der Mittel zuständig sein, wie bei den Gemeinden, oder den Sozialversicherungsträgern, dann wird die Einhebung der Beiträge auf die Unternehmer ausgelagert. Einfach, sicher, effektiv, Verantwortung abschieben, und den Finanzminister und die Unternehmer zu Feindbildern erklären. Nur so klar ist das auch nicht. Aus politischen Gründen, aber auch aus ursächlicher Ahnungslosigkeit hat die Regierung während der Pandemie ein unglaubliches Füllhorn über die Unternehmen ausgeschüttet. Offenbar aus schlechtem Gewissen, weil die Regierung ein Gesetz ausgehebelt hat, das den Staat verpflichtet hätte, für die Schließungen den Unternehmen Kosten und entgangenen Gewinn zu ersetzen, war man über Gebühr großzügig.
Nicht nur das, die wildgewordenen Kommunikatoren der Regierung haben diese Maßnahmen in überzogenem Maß als das großzügigste System in der Welt gepriesen. Wobei man ganz vergaß, dass etwa bei der Kurzarbeitsvergütung um rund zehn Mrd. Euro die Hälfte sofort als Abgaben wieder abzuführen war. Nun stehen alle mit ihren Forderungen vor dem Finanzminister und bei jedem Ansatz einer Abwehr wird argumentiert, dieser oder sein Vorgänger hätte den Reichen ja auch das Geld wo hineingeschoben. Nicht ganz von der Hand zu weisen. Dieses Fehlverhalten einer Regierung wird noch 50 Jahre als Argument dienen, noch mehr vom Staat zu wollen. Und wer hat Schuld? Schon die Partei, die den Unfug veranstaltet hat und auch die maßlosen Unternehmensvertretungen, die nicht verstanden haben, dass alles auf sie zurückfällt und ihre Mitglieder die Bezahlung organisieren müssen.
Gottfried Schellmann ist Wirtschaftsexperte und Steuerberater
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