Burschenschaften: Kurskorrektur vonnöten

Burschenschaften: Kurskorrektur vonnöten
Zur historischen Einordnung der "deutschen" Burschenschaften. Das Land OÖ will jenen Verbindungen, die Kontakte zu Rechtsextremen pflegen, die Vermietung von Räumlichkeiten verweigern.

Die „deutschen“ Burschenschafter in Österreich neigen in ihrer Selbstdarstellung zu einer Verkürzung ihrer Geschichte. Pathetisch wird auf die liberale Revolution von 1848 rekurriert. Sie entstanden aber später, der liberale Habitus verflüchtigte sich nach 1873, dafür ergänzte man den Antiklerikalismus durch rabiaten Antisemitismus. Als Kämpfer für das „Deutschtum“ sah man in Katholiken und in Juden vaterlandslose Gesellen. Der harte Kern übte sich in der Illoyalität gegenüber dem multinationalen Kaiserreich.

Als Avantgarde des Anschlussdenkens war man 1918/19 in der politischen Mitte der „Republik Deutschösterreich“ angekommen. Früh erlag man dem Charme des Nationalsozialismus, den man in erheblichem Maße in der Illegalität mittrug, um dann 1938, auf dem Altar der Volksgemeinschaft geopfert, sich auflösen zu müssen. Bis 1945 fand man eine neue Heimat in NS-Kameradschaften der Hochschulen.

Unter dem wachenden Auge der Alliierten erfolgte die Rekonstruktion der Bünde schleppend. Unter Betonung des liberalen Erbes blieb man der deutschen Kulturgemeinschaft verpflichtet. Die Änderung der studentischen Milieus, ablesbar in den seit den späten 1960er-Jahren dramatisch sinkenden Mandaten des Rings Freiheitlicher Studenten, und der rasante Aufstieg der FPÖ mit ihrem radikalen Oppositionshabitus beendeten vielfach liberale Ansätze in den Bünden. Im Gleichschritt mit der Ausgrenzung der Zuwanderer stilisierten sich junge Burschenschafter als Kämpfer gegen die „Multi-Kulti-Gesellschaft“. Das Erstarken der jungen rechtsextremen Szene spiegelt sich nicht in den Wahlergebnissen an Österreichs Hochschulen und schon gar nicht in jenen des burschenschaftlichen Nachwuchses. Der „völkische“ Kalauer „Wir sind die Ersten von morgen und nicht die Letzten von gestern!“ schmeichelt zwar dem Elitengefühl, verunsichert aber, wenn man andere neue Gruppierungen sieht, die sich aus dem nahestehenden Milieu rekrutieren. Da ist es naheliegend, auf die „neue“ Rechte und deren aktionistischen Flügel, den Identitären, zuzugehen. Deren radikaler Oppositionshabitus und deren Geschichtsklitterungen treffen das eigene Empfinden.

Es gibt Aktive und Alte Herren in den Burschenschaften, die glaubwürdige Liberale und sicher keine Rechtsextremen sind. Aber so lange es diesen nicht gelingt, eine sichtbare Kurskorrektur durchzusetzen, bleibt der Pauschalverdacht, auf den der Staat reagieren muss.

Die Kultur der Fassade erhöht den symbolischen Wert öffentlicher Gebäude, die für den verfassungsmäßigen Staat stehen. Gruppierungen, die dazu im Widerspruch stehen, sollten tunlichst ferngehalten werden. Das gilt für die Säle der Hofburg, das gilt für die Häuser der Landesregierungen. Denn die Fassaden dienen bedenklichen Gruppierungen zur optischen Legitimierung sinistrer Vorstellungen.

Dieter A. Binder ist Historiker, lehrt in Graz und Budapest, Mitglied des Kartellverbands

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