Bundesmuseen Card neu: Kultur-Suppenküchenpolitik!
Die heutigen Bundesmuseen waren bis zu ihrer Ausgliederung und der Erlangung der Vollrechtsfähigkeit auf Grundlage des Bundesmuseengesetzes 2002 „nachgeordnete Dienststellen“ des Ministeriums; sie stehen seit ihrer Ausgliederung als wissenschaftliche Anstalten öffentlichen Rechts im Eigentum der Republik und können im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Rechte und Verbindlichkeiten eingehen. Der gesetzliche Auftrag an die Bundesmuseen war und ist klar und eindeutig das autonome und eigenverantwortliche Wirtschaften, weg vom obrigkeitsstaatlichen Denken („nachgeordnete Dienststelle“). Nach mehr als 20 Jahren dürfen wir, die Besucher der Bundesmuseen, erfreut feststellen, dass das Prinzip Eigenverantwortung und die Entlassung in die Selbstständigkeit der richtige Schritt war und funktioniert.
Die wichtigste Einnahmequelle für die Bundesmuseen ist – abgesehen von den staatlichen Subventionen in Form der „Basisabgeltung“ – das Entgelt für den Eintritt. Was wäre die Selbstständigkeit, ohne die Möglichkeit, die Höhe der Eintrittsgelder selbst bestimmen zu können? Die Bundesmuseen nutzen diesen wirtschaftlichen Gestaltungsspielraum im Sinne der gesetzlich aufgetragenen „möglichst zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Gebarung“ und haben darüber hinaus Jahreskarten-Programme eingeführt, die die Bindung an das jeweilige Haus verstärken.
So weit, so schön. Nun führt Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer ab 1. Juli eine neue Jahreskarte ein, die Bundesmuseen Card zum Preis von 99 Euro (bisher kostete sie 66 Euro und war auf einen Eintritt pro Museum im Jahr beschränkt, Anm.) – von oben dekretiert, über die Köpfe der Bundesmuseen hinweg und überdies ohne gesetzliche Grundlage. Das Bundesmuseen-Gesetz 2002 kennt keine Befugnis der Republik, Eintrittsgelder festzulegen. Das ist ideologisch motivierte Suppenküchenpolitik („a woame Mahlzeit für unsre Kinda“) für die Bundesmuseen. Im Ergebnis wird die neue Bundesmuseen Card vom Steuerzahler finanziert, zulasten der Häuser mit erfolgreichen Jahreskarten-Programmen, wie das Kunsthistorische Museum und die Albertina, zugunsten der diesbezüglich weniger erfolgreichen Häuser wie das Belvedere (auch aufgrund eines 80-prozentigen Anteils ausländischer Besucher).
Die selbstherrliche Einführung ohne gesetzliche Grundlage hat auch der reichen Subkultur von privaten, unabhängigen Museums-Freundesvereinen die Existenzgrundlage entzogen. Den Bundesmuseen, ihren Besuchern und den privaten Freundesvereinen ist zu wünschen, dass nach der Wahl in diesem Herbst die Verantwortung für die Kultur bei jemandem liegt, der nicht dem obrigkeitsstaatlichen Denken und der Suppenküchenmentalität des 19. Jahrhunderts verhaftet ist – und der es schafft, in seiner Amtszeit auch einmal (ein Mal!) an den Vernissagen der „nachgeordneten Dienststellen“ teilzunehmen.
Martin Maxl ist Rechtsanwalt in Wien, unterhält einen literarischen Salon, in dem auch kulturpolitische Fragen erörtert werden
Kommentare