EU-Parlamentarier wie Othmar Karas oder hierzulande auch der ehemalige Chef der E-Control, Walter Boltz, erklärten, dass russisches Gas relativ locker ersetzbar sei.
Diktator Putin scheint dem Wunsch der EU-Parlamentarier gerne nachzukommen. Nord Stream 1 wird derzeit repariert. Ob da jeder wieder Gas durchfließen wird, ist offen.
"Kleines" Problem: Das russische Gas ist halt doch nicht so locker ersetzbar, wie sich mittlerweile herumgesprochen haben dürfte.
Eine Industrie ohne Gas würde Millionen Jobs kosten und die Versorgung mit Gütern des Alltags gefährden.
Der deutsche Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht deshalb Klartext. Er hat die Bevorzugung von Privathaushalten im Falle einer Gasknappheit infrage gestellt.
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher müssten „ihren Anteil leisten", sagte Habeck bei seiner Visite in Wien.
Eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion hätte massive Folgen für die Versorgung, so Habeck weiter.
Die europäische Notfallverordnung Gas sieht nämlich vor, dass kritische Infrastruktur und Verbraucher geschützt sind und Industrie und Wirtschaft nicht.
Dies sei sinnvoll bei kurzfristigen und regionalen Problemen, sagt Habeck. „Das ist aber nicht das Szenario, das wir jetzt im Moment haben. Wir reden hier möglicherweise von einer monatelangen Unterbrechung von Gasströmen."
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil hat sich jüngst dafür ausgesprochen, bei einer Gasknappheit in Deutschland der Industrie Vorrang bei der Versorgung zu geben.
Mehr noch: Man müsse erreichen, dass das Gas in der Industrie nicht rationiert werde.
In der End-Konsequenz heißt das: Wenn Putin das Gas (ganz oder hin und wieder) abdreht, ist die Aufrechterhaltung der Industrie wichtiger als gut geheizte Büros und Wohnungen.
Klingbeil und Habeck sind mutige Politiker. Hierzulande wäre so eine Ansage undenkbar.
Daheim soll es schön warm sein im kommenden Winter, lautet die Botschaft von der zuständigen Infrastrukturministerin Leonore Gewessler.
Man soll den Teufel nicht an die Wand malen: Aber im Extremfall könnte es also sein, dass wir in kuscheligen Wohnungen sitzen aber industriell gefertigte Produkte wie Babynahrung oder überlebenswichtige Medikamente für kranke Menschen knapp werden.
Abgesehen davon würde die Zahl der Arbeitslosen allein in Österreich durch die Decke gehen.
Überhaupt gewinnt man den Eindruck, dass Deutschland die Gaskrise ernster nimmt als Österreich. Eine Energiesparkampagne, wie Habeck sie schon länger lanciert, ist hier erst für den Herbst geplant.
Experten sehen das kritisch: Die Kommunikation in Österreich ist nicht ausreichend“, sagt Johannes Schmidt, der als Professor an der BOKU zum Thema Energiewende tätig ist.
Zudem stimmt sich Robert Habeck schon seit März regelmäßig und sehr eng mit der Wirtschaft ab.
Mit dem Ergebnis, dass die Betriebe dort wissen, woran sie sind. Hierzulande sind die Unternehmen weitgehend sich selbst überlassen.
Und wünschen sich Politikerinnen und Politiker wie einen Habeck. Verständlich.
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