G-20-Gipfel: Wenn Egoismus Weltpolitik macht

Ein Gipfel und kaum Hoffnung, dass die großen Staatenlenker das globale Ganze im Auge haben.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Alle Jahre wieder kommen sie zusammen: der amerikanische, der russische und der chinesische Präsident sowie die übrigen wichtigsten Staats- und Regierungschefs dieses Globus. Diesmal aber kracht und grammelt es wie noch selten im Gefüge der Welt. Donald Trump und Wladimir Putin sind einander nicht grün, der türkische Pascha und der saudische Thronfolger unter Mordauftragsverdacht haben ein Thema, die Europäer untereinander sowieso, und die Chinesen und der Welthandel sind ein eigenes Kapitel.

Aber es ist nicht nur das. Viel mehr Wolken ziehen auf, wenn wir auf die in Buenos Aires versammelten Weltenlenker schauen und fragen: Sind das die, denen wir die Welt anvertraut haben wollen? Die uns ruhig schlafen lassen, weil wir unsere Morgen in guten Händen wissen?

Vorweg: Die G-20 sind keine Weltregierung. Sie sind der Versuch eines Gegenmodells zur UNO, die seit jeher eine große, pardon!, Quatschbude ist – große Ziele, naive Papiere, Pakte und Erklärungen, Regeln, die sanktionslos gebrochen werden. Die Staats- und Regierungschefs dagegen nehmen Dinge in die Hand, so hoffen wir, auch ohne formelle Befugnis fallen dort hinter den Kulissen Entscheidungen, werden Vereinbarungen getroffen, Handschläge geschlagen.

Aber mit diesen Protagonisten? Ruhig schlafen?

Stimmt schon: Die Amerikaner mögen sich in Donald TrumpsAmerica first“ sicher fühlen – das Erwachen aus der Abschottung kommt schon noch. Die Russen haben nie anderes gelernt als unter einem Präsidenten zu leben, der sich nimmt, was er kriegen kann. Die Chinesen profitieren vom Wachstum einer Diktatur mit plötzlich weltoffenem Antlitz, auch wenn es natürlich um nichts anderes als China geht. Und die Europäer? Schotten sich ab, einzeln, jeder für sich – das italienische Budget ist dem Italiener näher als das europäische Hemd. Und die britische Premierministerin kämpft den Brexit eisern durch, diesen von ein paar Politclowns erkämpften Irrtum der britischen Geschichte, zum Nachteil Großbritanniens und zum Nachteil Europas. Europäer, die über den Tellerrand hinaus blicken, scheitern gerade daheim, wie Emmanuel Macron in Frankreich und Angela Merkel in Deutschland.

Die Ich-AGs

Der Egoismus ist in der Politik ist so tonangebend wie selten zuvor und hat eine Dynamik der Destruktion losgetreten. Hinzu kommen die Ich-AGs, die es zunehmend ins politische Geschäft spült und die Unbehagen auslösen, zumindest bei denen, die sie durchschauen. Lassen sich die Menschen zunehmend von Egoisten führen, weil der Egoismus gewachsen ist (Erhalt des Wohlstandes, Neid)? Oder sind die egoistischen Parolen nur die eingängigeren als die, die an ein größeres Ganzes und an das Hirn appellieren? Henne oder Ei in der Weltpolitik.

Ein Gipfel wie der in Buenos Aires lässt einen wünschen, dass das Gegockel doch zurücksteht zugunsten eines verantwortungsvollen Weltenlenkens. Dass der Blick für das globale Ganze wieder in den Vordergrund tritt. Wer, wenn nicht die G-20 sollten diesen Blick haben? Auch wenn es gerade nicht danach aussieht.andreas.schwarz

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