Ronaldo kommt weiter, Messi nicht

Paul Scharner
"Quergedacht": Jetzt geht’s so richtig los. Ich freue mich auf die K.-o.-Spiele, auch wenn Vorhersagen heuer besonders schwer sind.

Diese Kombinationen machen Lust auf mehr: FrankreichArgentinien, UruguayPortugal. Die beiden ersten Achtelfinalpaarungen versprechen Spannung und viel Qualität. Das Schöne an den K.-o.-Spielen ist, dass es am Ende auf jeden Fall einen Sieger gibt. In den letzten, teils mühsamen Vorrundenspielen war ja leider nicht immer zu erkennen, wer gewinnen will.

Zum ersten Hit: Die Argentinier haben das geschafft, was Deutschland verwehrt blieb: Irgendwie weiterkommen, mit der Hoffnung, dass eine nominell starke Mannschaft dadurch neue Energie bekommt. Ich glaube aber nicht so recht an den großen Befreiungsschlag der Argentinier. Auch gegen Nigeria war der Auftritt nicht überzeugend, es wird wohl weitergewurschtelt werden.

Totale Abhängigkeit

Auffällig ist die absolute Abhängigkeit von Lionel Messi. Auch wenn sein 1:0 gegen Nigeria großartig war, funktioniert der Superstar nicht zu 100 Prozent. Vielleicht, weil Messi die 100-prozentige Rückendeckung fehlt? Die ist er von Barcelona gewohnt, und die würde ihm auch helfen, den extremen Druck auszuhalten: An einen Messi sind immer besondere Erwartungen gestellt, dieses Mal zählt nur der WM-Titel. Mein Favorit ist jedenfalls Frankreich – auch wenn sie ihren titelverdächtigen Kader bisher nicht voll ausgespielt haben. Wie bei so vielen großen Teams bleibt nach einer nicht überzeugenden Vorrunde der Eindruck, dass noch viel Luft nach oben da wäre.

Auf Augenhöhe würde ich die beiden Teams des zweiten Achtelfinales einordnen: Uruguay setzt auf eine bisher perfekte Defensive, Portugal wieder auf Ronaldo. Ich glaube, ich muss meine ursprüngliche Einschätzung – Portugal scheitert bald – revidieren. Die Portugiesen erinnern mich an die EM 2016: Nicht großartig, aber womit es geendet hat, wissen alle. Im ewigen Wettstreit von Ronaldo und Messi gibt es wieder eine Parallele mehr: Beide halten bei je einem verschossenen Elfmeter. Jeder weitere dürfte ab sofort entscheiden.

Viele falsche Tipps

Nach diesen Vorhersagen muss ich zugeben, dass ich in meiner privaten Tipp- Gruppe schlecht liege. Viel aufgegangen ist mir noch nicht. Vielleicht versuche ich, zu viele Eindrücke und Informationen in die Tipps einzubauen. Ich behaupte aber auch, dass diese WM und ihre Entwicklung besonders schwierig einzuschätzen ist. Immer wieder präsentieren sich Teams anders als es „logisch“ wäre.

Das beste Beispiel dafür sind die Deutschen, die nach wissenschaftlichen Berechnungen die besten Chancen auf den Titel hätten haben müssen. Auch Senegal und Polen haben mich enttäuscht.

Wirklich überzeugend waren die Belgier. Besser als erwartet waren für mich Kroatien und die Schweizer mit einer bemerkenswert kompakten Spielweise. Was das für die kommenden zwei Wochen bedeutet?

Nicht viel.

paul.scharner@kurier.at

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