Für Radfahrer sollen die Verkehrsstrafen heruntergesetzt werden. Warum?

Martin Gebhart
Warum für Radfahrer die Verkehrsstrafen heruntergesetzt werden sollen, wissen letztendlich nur die Grünen.
Martin Gebhart

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Es war allein schon die Bezeichnung, die neugierig machte: Pop-up-Radweg. Da klingt ein bisschen Überraschung, ein bisschen Trend mit. Wiens grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein hatte damit auch überrascht. Über Nacht wurde auf der Praterstraße ein Fahrstreifen dem Autoverkehr weggenommen und für Radfahrer frei gemacht. Das gilt vorerst bis Ende August als Maßnahme in Zeiten der Corona-Krise. Es sei der Tatsache geschuldet, dass gerade in dieser Zeit der Radverkehr deutlich angestiegen sei, wie Hebein ausdrücklich betonte.

Die Grünen nützen den Nebeneffekt von Corona als Hebel, um langjährigen Forderungen für die Radfahrer durchsetzen zu können. Nicht nur in der Bundeshauptstadt Wien, auch im Parlament. Dort wird derzeit über ein Maßnahmenpaket verhandelt, das ganz klar die grüne Handschrift trägt und im Detail so manchem ÖVP-Mandatar Unbehagen bereitet. Mehr Geld für zusätzliche Radwege, noch mehr Sicherheit für Radfahrer und Änderungen in der Straßenverkehrsordnung, die für Biker eine Reduzierung der Strafen bei Übertretungen beinhalten.

Bei den Radwegen wird es sich nicht spießen. Da wurden in ganz Österreich bereits vor der Corona-Krise Ausbauprogramme beschlossen. Bei Sicherheitsmaßnahmen wie den geforderten 1,5 Metern Mindestabstand bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h beim Überholen von Radfahrern ist es schon schwieriger. Nicht am Land, nicht auf Freilandstraßen. Da müssen strengere Schutzrichtlinien her. In den Städten – speziell in Wien – können diese 1,5 Meter aber zum Problem werden, weil dafür in vielen Straßen einfach der Platz nicht vorhanden ist. Und die Rücksichtnahme beiderseitig meist der Vorfahrt untergeordnet wird.

Die Grünen haben da immer die gleiche, einfache Antwort: Dann müssen sich eben im Kampf um die Freiflächen in der Stadt die Pkw den Rädern unterordnen. Die übrigen Parteien tun sich schon schwerer. Wobei auch sie auf die Corona-Zeit verweisen können, in der aus Angst vor der Ansteckung vielfach das Auto wieder den Öffis vorgezogen worden ist.

Dass jetzt auch die Straßenverkehrsordnung geändert und die Strafen für Radfahrer herabgesetzt werden sollen, ist eigentlich keine Notwendigkeit. Es sind sicher nicht die Bußgelder, die davon abhalten, auf das Rad umzusteigen. Plausibler klingt, dass die Grünen ein bewusstes Signal setzen wollen, wenn es um die "Vorherrschaft" im Straßenverkehr geht.

Diskutiert und beschlossen wird diese Art der Verkehrswende im Nationalrat. Ausgetragen wird es dann in Wien, wo die Konflikte zwischen Auto- und Radfahrern zum Straßen-Alltag gehören. Das birgt politischen Zündstoff vor der Wien-Wahl im Oktober. Als jenes Thema, das die Regierungsparteien SPÖ und Grüne fundamental spaltet.

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