Fremdschäm-Faktor

Die jüngsten Vorgänge in der Wiener Ärztekammer zeigen: Die Standesvertretung hat dringenden Reformbedarf.
Josef Gebhard

Josef Gebhard

Es mag naiv sein, bei Personen, die viele Jahre lang dafür ausgebildet wurden, anderen zu helfen, höhere Standards im Umgang miteinander vorauszusetzen. Dass man damit völlig falsch liegt, zeigen die jüngsten Vorgänge in der Wiener Ärztekammer. Mit ihrem beträchtlichen Fremdschäm-Faktor erinnern sie an Querelen, wie sie sonst eher zwischen halbwüchsigen Studentenvertretern üblich sind.

Da reizt ein niedergelassener Arzt aus NÖ alle erdenklichen Möglichkeiten aus, weil er neben seiner Kammer-Funktion in NÖ unbedingt auch noch oberster Spitalsärzte-Vertreter in Wien werden muss. Da kommt ein Kollege, den solche Vorgänge bisher nicht gestört haben, erst nach verlorenen Koalitionsverhandlungen darauf, dass es sich dabei um Wählertäuschung handeln könnte. Und da segnen die Kammer-Funktionäre trotz aller Ungereimtheiten die geplanten Personalentscheidungen ab. Man will ja nicht aus der Koalition fliegen und auf Einfluss verzichten.

„Rechtlich alles in Ordnung“, lautet die offizielle Rechtfertigung, „das war schon immer so“ die inoffizielle. Hinter vorgehaltener Hand räumt mancher sogar ein, dass die Ärzte-Vertretung tief greifende Reformen braucht. Etwa die Streichung der absurden Regelung, dass man in zwei Bundesländern gleichzeitig im Ärzte-Parlament sitzen kann.

Dass diese Reformen kommen, ist jedoch angesichts der handelnden Personen mehr als fraglich.

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