Europas Souveränität, Disneyland zu werden

Politisch und wirtschaftlich geht die Globalisierung weiter. Mit Nationalismus wird Europa ärmer werden.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Lega-Chef Matteo Salvini, Innenminister und starker Mann der römischen Regierung, freut sich schon zu Jahresbeginn auf die EU-Wahl im Mai. Da könnten die Italiener zeigen, dass sie „frei und souverän“ sein wollen. Durch eine Stimme für die Lega natürlich, die die EU gemeinsam mit Frau Le Pen, der AfD, der FPÖ und anderen Gruppen zerstören wollen.

Der Handelskrieg zwischen den USA und China setzt weiter die Börsen unter Druck, Trump ist „Europa egal“, und die Chinesen arbeiten an Maßnahmen, ihr geringeres Wachstum wieder anzukurbeln. Bei der Forschung und der industriellen Umsetzung der Künstlichen Intelligenz läuft ein Zweikampf zwischen dem Silicon Valley und China, wie der in den USA ausgebildete chinesische Unternehmer Kai-Fu Lee in seinem Buch „AI Superpowers“ nachweist, wobei Experten betonen, auch in diesem Bereich dürfe man Indien nicht unterschätzen.

Von Europa ist nirgendwo die Rede. Ach ja, wenn es um schöne Berge und saubere Seen geht, dann kommt unser kleiner Subkontinent international durchaus positiv vor. Venedig verlangt schon Eintrittsgeld, so können wir uns später auch über Wasser halten, jede Nation für sich, Badewaschel und Bergführer in Bescheidenheit vereint.

Oder wir wachen noch rechtzeitig auf und besinnen uns unserer Stärken. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat schon recht, wenn er in der Neujahrsansprache meinte: „Die Europäerinnen und Europäer haben in den letzten 70 Jahren etwas Einzigartiges geschaffen.“ Das friedliche Zusammenleben ist auf den Prinzipien des Rechtsstaats und der Menschenrechte aufgebaut. Diese aber müssen wir gemeinsam achten, das heißt nicht „zentralistisch“, wie die rechte Propaganda lautet. Dazu gehört auch, der von Sozialisten geführten Regierung im neuen Vorsitzland Rumänien klar zu machen, dass Korruption nicht geduldet wird. Und auch der französische Staatspräsident Macron, der in feierlichen Stunden von der „Neugründung der EU“ spricht, muss zunächst einmal die Budgetregeln einhalten.

Vielfalt als Stärke der Europäischen Union

Gemeinsame Regeln gelten für alle. Viele Osteuropäer fühlen sich ungerecht behandelt, wie der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in der Financial Times beklagt. Sein Land wird ja wegen der Justizreform kritisiert. „Wenn ich mir ansehe, wie in Frankreich die Gelbwesten behandelt werden, haben die ein Problem mit dem Rechtsstaat.“ Morawiecki, der noch in der Solidarnosc gegen die Kommunisten aktiv war, verlangt mehr Verständnis für die Probleme der jungen Demokratien. Das soll er bekommen, es muss mehr Dialog, mehr kulturellen Austausch zwischen den Ländern geben. Und wir müssen uns klar darüber sein, dass die Unterschiede in Europa die Stärke des Kontinents ausmachen. Aber vor allem sind es Werte wie Rechtsstaat und Menschenrechte, sie geben die wahre Souveränität. Nur auf diese aufbauend wird ein vereintes, friedliches Europa wesentlicher Teil der Weltgemeinschaft sein.

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