Also wenden wir uns der guten österreichischen Tradition der Resignation zu und beklagen mit waidwundem Blick, dass wir ja nicht einmal eine heimische Maskenproduktion zusammenbrächten, ohne die mit Schmuggelware aus China aufzufetten. Und weil wir ja Teil der EU sind, kann man die Resignation auch gleich noch eine Stufe internationaler ansetzen und das EU-Versagen bei der Versorgung mit Corona-Impfstoff beklagen. Doch auch wenn das Klagen über die eigenen Leiden schmerzlich-schön sein mag, kann man die Zeit eigentlich auch dazu verwenden, sich der Realität zu widmen. Und die sieht, gerade was das wissenschaftliche Umfeld der Corona-Impfstoffherstellung betrifft, nicht so schlecht aus, weder in Österreich, noch in Europa. Der Kontinent ist gerade in der Biotechnologie – und um die geht es hier – in den vergangenen Jahren ein ordentliches Stück zur Weltspitze aufgerückt. Was wissenschaftliche Veröffentlichungen betrifft, können wir Europäer durchaus mit den USA oder China mithalten.
Biotechnologie-Forschungszentren
Dazu beigetragen haben Biotechnologie-Forschungszentren, die mit viel politischem Willen und viel öffentlichen, aber auch privaten Geldern etwa in Wien entstanden sind. Es war nicht nur dem Heimweh zu verdanken, dass ein Molekularbiologe von Weltruf wie der Österreicher Josef Penninger nach Wien zurückkehrte, um hier 15 Jahre erfolgreich zu forschen, sondern eben auch dem wissenschaftlichen Umfeld, das er hier gestalten konnte. Es ist auch kein Zufall, dass der Impfstoff der Firma Pfizer, nach dem die Welt giert, von einem deutschen Forscherehepaar mit türkischen Wurzeln entwickelt wurde.
Langer Weg zur Serienproduktion
Natürlich ist der Weg, den europäische Forschung zu Patenten und zuletzt zur Serienproduktion zurückzulegen hat, oft länger als etwa in den USA oder Israel. Wir sind gerade im Bereich der Spitzenmedizin sehr skeptisch, was die enge Zusammenarbeit von Forschung und Pharmaindustrie betrifft. Um der jetzt von allen beneidete Impfstoff-Weltmeister zu werden, hat sich Israel mit dem Hersteller Pfizer auf eine Weise eingelassen, die Europas Datenschützer wohl auf die Barrikaden hätte gehen lassen. Ein Grund, offen und kritisch über das Verhältnis von Forschung und Industrie zu debattieren, kein Grund aber, nur auf Europas Schwächen zu starren, statt die Stärken seiner Forschung endlich effizienter zu nützen, nicht nur in Pandemie-Zeiten.
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