Einwanderung besser steuern

Einwanderung besser steuern
Österreich braucht leistungsbereite Zuwanderer, sollte sich aber auch nicht scheuen, jungen Menschen Mut zu Kindern zu machen
Martina Salomon

Martina Salomon

43,2 Jahre beträgt das Durchschnittsalter in Österreich – unglaubliche 14,5 Jahre in Niger. Lässt sich die demografische Schieflage zwischen dem ungesund schrumpfenden Europa und dem ebenfalls ungesund, weil explosiv wachsenden Afrika anschaulicher illustrieren? Es gibt kaum ein Thema, das uns in Zukunft mehr beschäftigen wird. Das massive Bevölkerungswachstum ist auch einer der (selten erwähnten) Hauptgründe für das Klimaproblem. Seit 1999 ist die Zahl der Menschen um zwei Milliarden auf nun über acht gewachsen, Tendenz weiter steigend. Wie bewältigt man die Ernährung so vieler Köpfe ohne Umwelt-Raubbau?

Und wie geht man mit der Migration um? Das Erfolgsmodell Europa übt magische Anziehung aus – ohne Zuzug wäre unser Arbeitskräftemangel übrigens noch viel schlimmer. Doch unkontrollierte Migration aus rückständigen Regionen setzt die Bildungs- und Sozialsysteme unter Druck. Österreich wird immer wieder für seine (oft ohnehin nur versuchte) härtere Gangart gegen illegale Migration kritisiert, von manchen beschimpft. Mittlerweile schwenken auch andere Länder um, weil die Probleme nicht mehr geleugnet werden können.

Möglicherweise wird man draufkommen, dass sogar die ungarische Familienpolitik, über die man die Nase rümpft, vernünftig ist. Kinderreiche Familien werden mittels Kreditprogrammen und Steuererleichterungen gefördert, auch Frankreich setzt massive Anreize für ein drittes Kind: ein Signal an die arbeitende Mittelschicht und ein Signal dagegen, die demografische Lücke mit Zuwanderung füllen zu müssen.

In Ländern wie Deutschland und Österreich üben leider große Teile der Generation Y und der Generation Z Kinderverzicht aus vielerlei Gründen: von Zukunftsängsten (Klima!) bis Hedonismus. Keine gute Entwicklung. Aber selbst wenn es gelänge, diesen jungen Männern und Frauen mehr Mut zu Kindern zu machen, erspart das kurz- und mittelfristig nicht eine groß angelegte Anwerbung leistungsbereiter Ausländer für den Arbeitsmarkt.

Dafür sind Reformen bitter nötig. Denn Österreich gilt als Paradies für Pensionisten mit viel (Gratis-)Freizeitangebot, jedoch kaum als Zielort für internationalen Fachkräftezuzug. Schon allein wegen der Sprache, aber auch wegen abschreckender Bürokratie und hoher Steuern. Wir sind quasi ein Einwanderungsland wider Willen und ohne Strategie. Inzwischen ist jeder zweite in Wien Lebende entweder selbst im Ausland geboren oder beide Eltern sind es. Dennoch gibt es in ganz Österreich über 200.000 offene Stellen. Auch das Potenzial der Älteren wird missachtet: Obwohl sich die Österreicher laut einer neuen IMAS-Umfrage jünger fühlen, als sie sind, geht man kaum wo so früh in Pension. Wann beginnen wir, über die echten Probleme unserer Gesellschaft zu reden (und zu handeln)?

Martina Salomon

KURIER-Herausgeberin Martina Salomon

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