Eine Reisewarnungsfarce

Eine Reisewarnungsfarce
Wie dieser Corona-Sommer für viele Reisende statt Urlaubsspaß bittere Diskriminierungen brachte

Urlaubszeit ist Entspannungszeit.

Von der Entspannung konnten viele Österreicherinnen und Österreicher diesen Sommer kaum etwas spüren – besonders, wenn sie in Länder fahren wollten, die Österreich zu Risikogebieten erklärte. In der Reise- und Urlaubspolitik bediente sich die türkis-grüne Regierung eines erprobten Mittels – der Spaltung. Bereits Anfang Juli bemühte man sich, vor Reisen in unerwünschte Urlaubsdestinationen ausdrücklich zu warnen.

Westbalkan und Türkei

Dies waren in erster Linie die Länder des Westbalkans und die Türkei, aus denen die meisten Zuwandererinnen und Zuwanderer stammen. Migranten als Sündenböcke – klar, das geht immer! Dass der mittlerweile verpönte „Heimaturlaub“ für die meisten Zuwandererinnen und Zuwanderer in Wirklichkeit kein Planschen am Strand, sondern einen oft dringend nötigen Besuch zu den eigenen Eltern oder Großeltern darstellt, spielte für die Regierung keine Rolle.

Furcht vor Besuch

Dem offiziellen Österreich gelang es, den Migrantinnen und Migranten aus Drittländern – viele von denen österreichische Staatsbürger – Furcht vor einem Familienbesuch im Herkunftsland einzujagen: Die meisten entschieden sich schlussendlich – vorwiegend aus Angst vor eventuellen Folgen am Arbeitsplatz –, auf eine Reise in die Heimatländer zu verzichten.

Nachdem nun diese Sündenbockstrategie Wirkung gezeigt hatte, arbeitete man fleißig an der Parallelstrategie, Österreich und beliebte Urlaubsdestinationen wie Italien, Spanien und Kroatien zu sicheren Urlaubsdestinationen zu deklarieren.

Schließlich wollte man der Frau und dem Herrn Österreicher den heurigen Urlaubsspaß doch nicht verderben. Dass Italien und Spanien noch vor Kurzem Rekordzahlen beziehungsweise Wiederanstieg an Infizierten verzeichnet hatten und Kroatien seine Corona-Zahlen frisiert haben könnte, war für die österreichische Politik und die heimischen Medien im Juli kein Thema.

Die Sommersaison in beliebten Urlaubszielen musste gerettet werden. Und während die einen auf ihren Urlaubsspaß nicht verzichteten und an der Bildung neuer Corona-Cluster in Nachtlokalen fleißig arbeiteten, können die anderen auch nach vielen Monaten ihre Liebsten immer noch nicht besuchen.

Am Ende dieses Sommers ist klar: Das Virus macht an Grenzen nicht halt.

Die Mär von sicheren Urlaubsdestinationen ist endgültig geplatzt, denn infizieren kann man sich im oberösterreichischen St. Wolfgang und im kroatischen Makarska genauso wie in Bosnien-Herzegowina oder Serbien. Es kommt schließlich auf das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen an.

Und weil dieses nicht bei allen gut funktioniert, haben sich PCR-Testungen als ein guter Kontrollmechanismus erwiesen. Anstatt Österreicherinnen und Österreicher aufgrund ihrer Herkunft und Reisewahl weiterhin zu diskriminieren, wäre unsere Regierung nun gut beraten, so rasch wie möglich eine generelle PCR-Testungspflicht für alle Rückreisenden einzuführen.

 Nedad Memić stammt aus Bosnien-Herzegowina und ist als PR-Berater in Wien tätig.

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