Den Höchstrichtern reicht, wenn am ORF-Stiftungsrat ein wenig Kosmetik betrieben wird und der Kanzler bzw. die Regierung in Zukunft weniger Publikumsräte bestellen darf. Darum muss man kein großes Aufheben machen, so etwas kann man legistisch schnell reparieren. Noch dazu hat der VfGH der Politik dazu bis Mitte 2025 Zeit gegeben.
Bleibt die Frage, ob das die Regierungsparteien überhaupt so wollen. Die Grünen haben nach Bekanntgabe des VfGH-Erkenntnisses sofort nach einer Gremienreform gerufen. Entscheidenden Kräften in der ÖVP ist das zu wenig. Sie sehen den Spruch als Hebel, das ORF-Gesetz überhaupt neu zu schreiben. Ihnen geht es nicht nur um den Stiftungsrat, sondern auch um eine Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF. Was muss der Rundfunk liefern und vor allem was nicht? Da schwingt in der ÖVP auch viel Frust über verschiedenste Vorgänge auf dem Küniglberg mit, die sich auch unter dem neuen ORF-Generaldirektor Roland Weißmann nicht geändert hätten. Dabei wurde er mit einer türkis angeführten Mehrheit im Stiftungsrat in diese Funktion gehievt. Es geht aber auch darum, dass nicht alle in der ÖVP damit zufrieden sind, wie der ORF künftig über die Haushaltsabgabe finanziert wird. Man habe als Regierung politisch sehr viel einstecken müssen, nur um für den Rundfunk einen finanziellen Sicherheitspolster zu schaffen, so der Tenor.
Aber vielleicht ist gerade der VfGH-Spruch die Chance, die Medienpolitik überhaupt neu aufzustellen. Nicht nur in Richtung ORF, sondern auch in Richtung Medienvielfalt im privaten Bereich. Da könnte man dann nicht nur die Bedürfnisse des Küniglberges, sondern auch jene der privaten Medienhäuser berücksichtigen. Nicht, um jemandem einen Gefallen zu tun, sondern damit man am Ende des Tages tatsächlich von einer österreichischen Medienlandschaft sprechen kann.
Türkis und Grün täten jedenfalls gut daran, in ihrem letzten Regierungsjahr einen gemeinsamen Weg zu finden. Ansonsten könnte nach der Wahl ein neues ORF-Gesetz plötzlich in den Händen der FPÖ liegen.
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