Auf den ersten Blick hat das seine Logik. Und ja, die Menschen "lechzen" (© Peter Kaiser) nach Öffnungsschritten. Doch all den guten Gründen zum Trotz ist die nun in der Pilotregion Vorarlberg angedachte Vorab-Öffnung von Kultur, Sport und Gastronomie ein ausnehmend heikles Unterfangen.
Stimmt schon: Manche Bundesländer stehen derzeit ganz gut da. Aber insgesamt ist die Zahl der Infizierten längst wieder im Steigen. Und das nicht allein deshalb, weil Österreich so viel und so toll testet, nein. Es liegt insbesondere daran, dass eine zunehmende Zahl an positiv Getesteten die Lage nicht ernst nimmt. Positiv Getestete würden nicht konsequent und schnell in Quarantäne gehen, befundet Simulationsforscher Niki Popper. Spitzer könnte man sagen: Die positiv Getesteten pfeifen auf die Quarantäne.
Wenn dem so ist, und wenn man weiß, dass der Wust an Regeln und Einschränkungen die Menschen wütend, verwirrt und mürbe gemacht hat, dann entspannt man die Lage kaum, indem man der Bevölkerung neue Regeln aufbürdet, die noch dazu einen Unterschied zwischen einzelnen Bürgern machen.
Sehen wir uns die Praxis an: Was wird wohl passieren, wenn Vorarlberg weiterhin gute, also niedrige, Infektionszahlen schafft – das benachbarte Tirol aber nicht? Werden vergnügungssüchtige Tiroler dann mit Polizeigewalt davon abgehalten, ins Ländle zu fahren?
Für Vorarlberg sei die in Aussicht gestellte Öffnung ein "interessanter Moment", dem man mit "Mut" begegnen wolle, sagte Markus Wallner. Man glaubt ihm gerne.
Vor allem aber hofft man, dass die Bewohner der restlichen acht Bundesländer das Experiment im Ländle genauso sehen können: als "interessanten Mutmacher". Und vor allem: Dass sie es ohne Neid verfolgen. Ist das wahrscheinlich? Eher nicht. Aber man wird ja noch hoffen dürfen.
Kommentare