In Europa voran sind nun die nordischen Länder. In Estland ist das digitale Klassenzimmer längst Realität, Programmieren steht ab der ersten Klasse auf dem Lehrplan. In Österreich hingegen wissen wir spätestens seit der Pandemie um unsere Defizite: vom Schul- bis zum Gesundheitswesen, in dem über Ländergrenzen hinweg Datenwirrwarr herrscht, wie wir staunend erfahren haben.
Gleichzeitig belästigt die Verwaltung den Bürger mit inadäquaten, sprachlich unverständlichen Formularen. Oft ist ein Kraftakt bzw. Expertenhilfe nötig, um mit staatlichen Stellen zu kommunizieren. Die Österreicher sind (nolens volens) dazu bereit: Mehr als 80 Prozent geben die Steuererklärung (sicher oft zähneknirschend) digital ab. Wer darüber hinaus aber gezwungen ist, eine E-Rechnung an den Bund zu legen (und dies vielleicht nur einmal im Jahr), büßt auf der benutzerunfreundlichen Seite all seine Sünden ab.
Manch anderes wurde so verwässert, dass am Ende nicht viel Brauchbares übrig geblieben ist, etwa bei der elektronischen Gesundheitsakte ELGA, in der alle Gesundheitsdaten gespeichert werden könnten – theoretisch. Durch die Abmeldemöglichkeit wurde das „Werkzeug“ zusätzlich stumpf. Mit dem Argument „Datenschutz“ kann man hierzulande ja alles verhindern (siehe die Stopp-Corona-App). Dabei sendet jeder Benützer eines Smartphones freiwillig Tag für Tag mehr Gesundheitsdaten nach Kalifornien oder China, als er zu träumen wagt (öffnen Sie doch einmal die tolle Apple-iPhone-App „Health“).
Und warum ist es immer noch nicht möglich, Unterstützungserklärungen für einen Präsidentschaftskandidaten auch digital abzugeben? Dazu kommt unser Hang zu vielen Verwaltungsebenen: So gibt es zum Beispiel keine einheitliche Plattform, wo Firmen Einsicht in alle Ausschreibungen der öffentlichen Hand bekommen könnten. Das schnell wieder zugesperrte „Kaufhaus Österreich“ war da nur noch ein grotesker Drüberstreuer. Öffentliche Betriebe sind übrigens nicht besser: siehe die zu komplizierte ÖBB-App oder die erneuerte Handypark-App der Stadt Wien, die anfangs so manchen Autofahrer an der Bezahlung scheitern ließ.
Wo ist die Digitalisierungsstrategie? Der zuständige Staatssekretär Florian Tursky will Amtswege vereinfachen und digitalisieren sowie die digitale Kompetenz der Bürger stärken. Möge er schnell die "Reset"-Taste drücken.
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