In diesem Ressort ruht ja auch noch die politische Verantwortung für Pensionen und Pflege. Ruhen im Wortsinn: In Ermangelung eines faktisch zuständigen Ministers nahmen sich bereits die Koalitionsklubchefs der Pflege an, und das Pensionsthema ist ohnehin seit Jahren keines mehr. Zu heiß. Ein eigener Sozialminister wäre also kein Fehler. Außerdem hat die Pandemie gravierenden Reformbedarf im Gesundheitssystem offengelegt. Es gibt also auch später noch genug zu tun.
Andererseits haben wir zwei Ministerien, die schon einmal fusioniert waren: Arbeit und Wirtschaft. Der parteilose Ökonom Martin Kocher führt kompetent und geräuschlos das Arbeitsministerium, er hätte auch Know-how für das geschrumpfte Wirtschaftsministerium, in dem Margarete Schramböck, freundlich ausgedrückt, nicht von Fortune verfolgt ist. In einem wieder vereinten Arbeits- und Wirtschaftsressort sollte man außerdem einen Energie-Staatssekretär installieren. Werden uns die Gaslieferungen abgedreht, gibt es für die Haushalte noch ein paar Wochen Vorrat, für die Industrie nur wenige Tage – mit katastrophalen Folgen. Wenn wir uns (richtigerweise) vom billigen russischen Gas sukzessive unabhängig machen wollen, wird das außerdem extrem teuer.
Offiziell zuständig ist Klimaministerin Leonore Gewessler, die einem ebenfalls zu großen Haus vorsteht, aber nur eine einzige (Global-2000-)Agenda hat. Wenn jedoch die Menschen nicht mehr heizen können und die Industrie ihre Produktion einstellt, werden wir auch noch andere Probleme zu lösen haben als die Umstellung auf erneuerbare Energie. Deutschland und einige Stunden später auch Österreich haben nun die Frühwarnstufe des „Notfallplans Gas“ ausgerufen. Ist Gewessler der Ernst der Lage bewusst? Um im Polit-Beliebtheitsranking ganz oben zu sein, ist Untätigkeit aber eh besser – siehe Justizministerin Alma Zadić.
Und sonst? Der steirische Prinz Eisenherz Martin Polaschek muss noch beweisen, besser als sein Vorgänger im (undankbaren) Bildungsressort zu sein. Wobei man ohnehin verrückt sein muss, sich den Ministerjob anzutun. Im Vergleich zum Spitzenmanagement ist er elend bezahlt, man steht schnell mit einem Fuß im Kriminal, opfert Freizeit und ist dennoch immer „böse“. Beklatscht wird, wer populistisch Gehaltserhöhungen für Politiker aussetzt, das Regierungsteam (zu) klein hält und Steuergeschenke verteilt. Traumwandeln wir vielleicht gerade durch die Wirklichkeit?
Kommentare