Die neue Welt der Nullen und Einsen

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Die Versprechen der vergangenen Jahre, die Schule digitaler zu machen, waren eigentlich nur ein Marketingschmäh. Jetzt leiden alle.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

Es ist ein Leichtes, sich darüber zu mokieren, dass ein wesentlicher Teil unserer Pädagogen den Sprung ins digitale Zeitalter bisher nicht gemacht hat. Wir haben im EU-Vergleich eine ältere Lehrerschaft, fast die Hälfte ist über fünfzig. Als sie studierten, gab es natürlich schon „Personal Computer“, aber diese waren damals teuer und keine Voraussetzung für das Studium. Das Smartphone, das heute nicht mehr wegzudenken ist, war damals noch nicht erfunden, das iPhone, das die digitale Welt zweifellos revolutionierte, ist erst 2007 vorgestellt worden. In Österreich kamen diese mobilen Minicomputer erst ein paar Jahre später wirklich in der Bevölkerung an.

Auf der anderen Seite haben uns die Bildungspolitiker seit über einem Jahrzehnt immer wieder mit Ankündigungen überhäuft, dass nun aber wirklich die Welt der Nullen und Einsen im Schulalltag Einzug findet. Die Wahrheit ist: Selten war das ernst gemeint, selten war das budgetär auch unterlegt, selten gab es wirklich den Willen, dass das Schulwesen digitaler wird und die Pädagogen tatsächlich mehr über Computer wissen als die Schüler.

Meist war es also nur ein PR-Gag, ein Marketing-Schmäh und eine schöne Schlagzeile, mit der sich die Bildungspolitiker als zukunftsfit geben wollten. Kein Wunder, dass der aktuelle Bildungsminister Heinz Faßmann ehrlich bedauert hat, dass er die Digitalisierung nicht schon in seiner ersten (kurzen) Amtszeit angegangen ist.

Jetzt sind alle die Leidtragenden: Die Eltern, die merken, dass der Onlineunterricht im Corona-Lockdown bei Weitem nicht zufriedenstellend läuft und sie sich selbst um den Bildungsfortschritt ihrer Kinder kümmern müssen. Die Lehrer sind Leidtragende, denn plötzlich wird von ihnen etwas verlangt, was so nie ab- und ausgemacht war – was viele überfordert, denn woher sollten sie es auch können. Bundeslehrer haben zudem gar keine Verpflichtung, sich fortzubilden, aber auch das Angebot bei der Lehrerfortbildung war die längste Zeit überschaubar.

Vor allem aber zahlen jetzt die Kinder drauf, die am wenigsten dafür können, dass sie Pädagogen haben, die mit der Digitalisierung nur wenig anfangen können. Dazu kommen jene, die über praktisch keine digitale Infrastruktur daheim verfügen, es braucht ja nicht nur einen PC, sondern auch Drucker, Scanner und einen Internetanschluss. Deutschland will jetzt einen billigen Internetzugang für Schüler – 10 Euro pro Monat. In Österreich hat das bisher niemand gefordert. Immerhin: Das Bildungsministerium ist dabei, die größte Not zu lindern, verteilt jetzt PCs und Tablets. Aber: Das Versprechen, jeder Schüler solle ein digitales Endgerät bekommen – auch das war bisher leider nur ein PR-Schmäh.

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