Bargeld in der Verfassung ist kein dringendes Problem. Dennoch sollte man es rasch lösen

Bargeld in der Verfassung ist kein dringendes Problem. Dennoch sollte man es rasch lösen
Leitartikel: Die Liebe zum Bargeld
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Kurz vor seinem Sommerurlaub hat ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer noch schnell ein Thema in den Ring geworfen, das dort heftig diskutiert wird. Im Alleingang – ohne den grünen Koalitionspartner – verkündete er, dass das Bargeld verfassungsrechtlich abgesichert werden soll. Überrascht wurde auch die Opposition, vor allem die FPÖ. Die hatte einen Tag vor Nehammers Bargeld-Ansage noch lautstark gefordert, dass Münzen und Scheine in der Verfassung verankert werden müssen.

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Politisch ist das Thema eine sichere Bank. Alle Umfragen zeigen, wie sehr die Österreicher an ihrem Bargeld hängen. Das Volksbegehren „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“ wurde von mehr als 530.000 Menschen unterschrieben. Die Initiatoren punkteten dabei mit jenen Argumenten, gegen die Gegner seit Jahren nicht ankommen: Bargeld bedeute Freiheit und Unabhängigkeit. Damit entkomme man der Gefahr, „ein gläserner Mensch in der digitalen Welt“ zu werden.

Ein Blackout könne dem Bargeld nichts anhaben, den digitalen Währungen aber sehr wohl. Und da wäre noch die Krisenvorsorge, bei der sich Bargeld bewähren würde.

All das spricht mehr die Gefühle der Menschen an und könnte von so manchen Geldexperten sicherlich mit rationalen Gegenargumenten sofort widerlegt werden. Nicht nur wegen der kriminellen Machenschaften wie Geldwäsche oder Steuerbetrug, die mit Barem leichter durchgeführt werden können. Deswegen will ja auch die Europäische Union für den Bargeldverkehr Obergrenzen von etwa 10.000 Euro einführen. Sie hat die Diskussion allerdings mit der Ankündigung eines digitalen Euros ungewollt befeuert, weil damit sofort das politische Schreckgespenst der Abschaffung des Bargelds heraufbeschworen werden konnte. Auch wenn das nicht der Realität entsprochen hat. Am deutlichsten wurde das in den vergangenen Wochen von der FPÖ getrommelt.

Für Karl Nehammer ist sein sommerlicher Vorstoß ein kleiner Befreiungsschlag. Erstens hat er dieses Thema komplett allein besetzt, ohne seinen grünen Partner. Zweitens hat er die SPÖ und die FPÖ unter Zugzwang gesetzt. Er braucht zwar im Nationalrat eine der beiden Parteien für eine Zweidrittelmehrheit, um das Bargeld in die Verfassung schreiben zu können. Andererseits wird es den Roten und Blauen schwerfallen, dagegen zu stimmen, nachdem sie die Gefühlslage der Österreicher kennen und solch einen Schritt selbst schon gefordert haben. Und drittens hat er damit ein Thema entsorgt, das speziell die Freiheitlichen im kommenden Wahlkampf gerne genüsslich ausgekostet hätten.

Dass da gleich die Verfassung herhalten muss, ist ein bitterer Beigeschmack. Denn diese Schrift eignet sich wahrlich nicht für das Entsorgen von politisch heiklen Themen.

Bargeld in der Verfassung ist kein dringendes Problem. Dennoch sollte man es rasch lösen

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