Die Lehre – Stiefkind der Bildungspolitik

Die Lehre – Stiefkind der Bildungspolitik
Sonja Zwazl

Sonja Zwazl

Das Motto „Meister meets Master“ führt zum richtigen Mix

von Sonja Zwazl

über die Chancen für Jugendliche und die Wirtschaft

Bildungspolitische Diskussionen, die die Lehre nicht entsprechend berücksichtigen, sind in geradezu fahrlässiger Weise unvollständig. Menschen mit einem Lehrabschluss werden von unseren Betrieben schließlich am häufigsten gesucht. Und unsere Unternehmen zählen über die Lehre zu den größten Bildungseinrichtungen im Land. Tatsächlich drehen sich bildungspolitische Debatten in Österreich aber regelmäßig um die gleichen Themen wie Fragen der Schulstruktur, von Studiengebühren oder dem Lehrer-Dienstrecht. Und ebenso regelmäßig ist in diesen Debatten von der Lehre mit ihrer Wissensvermittlung in Betrieben und Berufsschulen wenig bis nichts zu hören – mit entsprechenden Wirkungen bei den Eltern, die die Lehre viel zu oft dann auch nur als „Notlösung“, wenn es mit der Schule nicht klappt, sehen. Ein Irrtum, der am Bedarf der Unternehmen vorbeigeht und zugleich unserer Jugend interessante Zukunftschancen nimmt!

Kontrapunkt

Die stv. KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon hat da mit ihrem jüngst erschienen Kommentar „Elitenförderung heißt auch, das Handwerk zu fördern“ einen wichtigen Kontrapunkt gesetzt. Schließlich ist es kein Zufall, dass unser duales System als „das“ Erfolgsmodell gegen Jugendarbeitslosigkeit regelmäßig von internationalen Delegationen studiert wird und dass unsere Fachkräfte wie zuletzt mit dem neuerlichen Europameister-Titel bei Wettbewerben regelmäßig international für Furore sorgen. Mit Verlaub: Bei anderen bildungspolitischen Einrichtungen des Landes stellt sich solches Aufsehen um Erfolge eher selten ein.

Bildungskanon

Es geht um einen grundsätzlich neuen Ansatz im Bildungskanon, in dem sich die hoch qualifizierte Lehre, Matura und Universität auf Augenhöhe begegnen. Dazu gehören Impulse wie das von der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) in St. Pölten errichtete neue Zentrum für Technologie und Design, in dem WIFI-Werkstätten ebenso ihre Heimstätte finden wie die „New Design University“ (NDU). Und dazu gehören völlig neue Bildungsangebote, die klassisches Handwerk und Universitätsstudium wie etwa im NDU-Lehrgang „Manual Material Culture“ in moderner Weise verknüpfen. Das Motto „Meister meets Master“ führt hier schnurgerade zum richtigen Mix von „Meister und Master“, den wir in unserer Wirtschaft brauchen. Die Basis dafür setzt freilich schon viel früher an: In einer verstärkten Orientierung an den individuellen Stärken unserer Jugend. Als Beispiel kann hier der von der WKNÖ entwickelte und in Kooperation mit dem Land umgesetzte NÖ Begabungskompass dienen. Die Schülerinnen und Schüler der 7. Schulstufe an allen Schulen des Landes bekommen damit kostenlos und vor allem praxisorientiert analysiert, in welchen Bereichen ihre besonderen Potenziale liegen und welche Berufs- und Ausbildungsschienen daher optimal zu ihnen passen. Denn wo Talente und Berufswahl zusammenpassen, profitieren beide Seiten: Jugendliche und die Wirtschaft!

Kommentare