Die Kirche sucht ihre Stimme

Die Kirche sucht ihre Stimme
Die moralischen Verwerfungen, unter denen Politik und Gesellschaft leiden, benötigen klare Antworten. Vor allem aus der Kirche.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Dass Politik und Medien am Ende der Vertrauens-Rangliste zu finden sind, ist bereits ein gewohntes Bild. Und bei all den Vorkommnissen rund um die Chats von Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid wird sich das – leider – nicht so schnell ändern. Dass die katholische Kirche in dieser Tabelle mittlerweile auch unter den Schlusslichtern zu finden ist, überrascht hingegen sehr.

Das Gegenteil müsste eigentlich der Fall sein. Corona-Pandemie, Ukrainekrieg, soziale Nöte, etc. – das alles ruft nach einer Institution wie der Kirche. Die Menschen suchen Halt, sie suchen Trost, sie suchen Hoffnung. Und dafür ist die Kirche immer gestanden. Sie tut es auch heute noch – aber bei Weitem nicht mehr so spürbar wie in vergangenen Zeiten.

Im Hinblick auf die Katholiken hat der bekannte Theologe Paul Zulehner festgestellt, dass der Spitze eine kräftige Stimme fehlt. Kardinal Christoph Schönborn, der Erzbischof von Wien, hat den Vorsitz in der Bischofskonferenz aus Altersgründen abgegeben. Sein Nachfolger, der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, ist nicht jemand, der an die Öffentlichkeit drängt. Was verwundert, weil er in seinen ersten Bischofsjahren als Hoffnungsträger gegolten hat. Auf der anderen Seite scheinen in Rom die Ambitionen gering, die Schönborn-Nachfolge in Angriff zu nehmen. Das Ergebnis ist, dass zwar im Parlament von fehlender Moral und von den Zehn Geboten die Rede ist, von der Kirchenführung zu all den Verwerfungen eine notwendige und erwartete öffentlichkeitswirksame Reaktion fehlt.

Jetzt muss erwähnt werden, dass die katholische Kirche derzeit sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Der synodale Prozess – so die Bezeichnung – soll am Ende zu einer kircheninternen Reform führen. Papst Franziskus hat das angestoßen, die Diözesen haben bereits Papiere dazu erarbeitet. Eine der wichtigsten Fragen dabei ist die Rolle der Frauen. Gleichzeitig ist das Bild der Kirche natürlich mehr als der Auftritt der Bischöfe. Da ist auch noch die Basis in den Pfarren, wo auch viele Laien mitarbeiten, um das kirchliche Leben aufrecht zu erhalten und den Menschen in der aktuell schwierigen Situation zu helfen.

Dennoch wird sich die Bischofskonferenz die Frage stellen müssen, wie sie ihre Rolle in Zukunft anlegt. Wie sie auch (wieder) zu einer kritischen Instanz wird, die klar und deutlich Grenzen aufzeigt, wenn im öffentlichen Leben die Richtschnur der christlichen Werte nicht mehr beachtet wird. Das ist politisch nicht immer einfach, den möglichen Konflikten mit Parteien wird man sich dennoch stellen müssen. Es reicht nicht, nur die Caritas in die öffentlichen Konfrontationen zu schicken. Wer dann das Sprachrohr dafür an der Spitze der Bischöfe sein wird, das liegt in den Händen von Papst Franziskus.

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