Bischöfe ringen um Reform: Wer folgt Schönborn nach?
Die katholische Kirche muss sich von innen heraus erneuern. Das weiß Papst Franziskus und hat deswegen 2021 das Experiment eines sogenannten „synodalen Prozesses“ (griech. synodos = gemeinsamer Weg) für die Weltkirche angestoßen. Damit mussten sich auch Österreichs Bischöfe beschäftigen, die sich diese Woche zur Herbstkonferenz treffen.
Genauso brennend ist aber die Frage, wer dem Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn nachfolgen wird, auch wenn diese Frage nicht auf der Tagesordnung seht.
Ursprünglich sollte der mehrstufige Erneuerungsprozess – diözesan, national, kontinental – mit einer Bischofssynode (Versammlung von Bischöfen aus aller Welt) im Oktober 2023 ihren Abschluss finden. Nun aber hat jüngst Papst Franziskus, immer für Überraschungen gut, den synodalen Prozess kurzerhand um ein Jahr verlängert: So soll die Bischofssynode erstmals, wie geplant, vom 4. bis 29. Oktober 2023 und im Oktober 2024 neuerlich über die Ergebnisse beraten.
Zu den Apostelgräbern
Die Herbst-Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz im Salzburger Benediktinerstift Michaelbeuern findet ab Montag statt. Wiederum steht naturgemäß dieser synodale Prozess auf der Tagesordnung – mittlerweile gibt es dazu ein vom Vatikan veröffentlichtes Arbeitspapier.
Österreichische Bischofskonferenz
Dreimal jährlich tagt die Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz: Die zehn Diözesan- (neun Territorialdiözesen und die Militärdiözese) und vier Weihbischöfe sowie der Abt des Vorarlberger Zisterzienserklosters Mehrerau (eine sogenannte Territorialabtei, die direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt ist) kommen zu Beratungen über jeweils aktuelle politische sowie innerkirchliche Fragen zusammen
Leitung
Derzeitiger Vorsitzender ist der Salzburger Erzbischof Franz Lackner; Generalsekretär der Bischofskonferenz ist der Wiener Domkapitular Peter Schipka
Ebenso werden die Bischöfe ihren für Dezember geplanten, wegen der Pandemie bereits zweimal verschobenen Ad-limina-Besuch im Vatikan besprechen („visitatio ad limina apostolorum“ = Besuch an den Schwellen der Apostelgräber: ein für die Bischöfe eines Landes in regelmäßigen Abständen vorgesehener Besuch im Vatikan).
Das Arbeitsdokument für die zweite Phase der Weltsynode fasst auf 45 Seiten Anliegen und Sorgen in katholischen Diözesen weltweit zusammen. Dabei stehen vor allem besseres gegenseitiges Zuhören und Beteiligung aller im Fokus. Hervorgehoben werden Frauen, gesellschaftliche Randgruppen und Minderheiten. Das Ergebnis sei eine „wahre Reflexion“ dessen, was die Bischofskonferenzen eingereicht hätten, sagte der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich als „Generalrelator“ der Synode.
Als große „offene Wunde“ hält das Papier Missbrauch durch Kleriker fest, vorrangig sexueller Missbrauch insbesondere von Kindern. Nahezu weltweit geht es um die Rolle von Frauen, ihren großen Einsatz und ihre mangelhafte Teilhabe. Ebenfalls thematisiert wird ein distanziertes Verhältnis von Gläubigen und Geistlichen, auch wenn es keine Anti-Priester-Haltung gebe.
Untergliedert ist das Dokument in vier Kapitel. Das erste mit dem Titel „Die Erfahrung des synodalen Prozesses“ bietet einen Überblick über gelebte Erfahrung von Synodalität weltweit und benennt dabei auch die auftretenden Schwierigkeiten. Der zweite Teil („Auf die Schrift hören“) enthält eine Meditation zum biblischen Bild des Zeltes als „Raum der Gemeinschaft“.
In Abschnitt drei („Auf dem Weg zu einer missionarischen synodalen Kirche“) geht es um die Schlüsselbegriffe Gemeinschaft, Partizipation und Mission sowie um „schöpferische Spannungen“ wie etwa das Zuhören, die Mitverantwortung aller Getauften für die Mission, „lebendige Spiritualität“ sowie die Liturgie. Das Schlusskapitel „Nächste Schritte“ bezeichnet Synodalität langfristig als „immerwährenden Aufruf zur persönlichen Umkehr und zur Reform der Kirche“.
Weder in Michaelbeuern noch in Rom wird indes offiziell die derzeit spannendste innerkirchliche Personalie Thema sein: nämlich wer Kardinal Christoph Schönborn nachfolgen könnte. Den Vorsitz der Bischofskonferenz hat Schönborn bereits 2020 an seinen Salzburger Amtskollegen Erzbischof Franz Lackner abgegeben. Im Jänner dieses Jahres vollendete Schönborn auch sein 75. Lebensjahr – den dem Kirchenrecht gemäß mit diesem Alter angebotenen Amtsverzicht nahm der Papst indes bis jetzt nicht an. Und es spricht einiges dafür, dass die Verlängerung des synodalen Prozesses auch eine Verlängerung der Amtszeit Schönborns bedeutet. Schönborn ist Mitglied des Synodenrats (was freilich nicht an das Amt des Erzbischofs gebunden ist) und gilt auch sonst als eng mit Franziskus verbunden – so nahm er etwa an der aktuellen Papst-Visite in Bahrain teil. Zum Zeitpunkt der nun ins Auge gefassten abschließenden Synode im Oktober 2024 wäre Kardinal Schönborn freilich beinahe 80 Jahre alt.
Das „Franziskus-Profil“
Über seine Nachfolge gibt es naturgemäß nur Spekulationen. Immer wieder genannt werden die Diözesanbischöfe von Innsbruck und Eisenstadt, Hermann Glettler (57) und Ägidius Zsifkovics (59). Beide könnten ganz gut ins „Franziskus-Profil“ passen: in Fragen des Sozialen oder der Migration auf „linkskatholischer“ Linie, innerkirchlich-theologisch moderat konservativ.
Bei Bischofsernennungen der letzten Jahre immer wieder als episkopabel genannt wurde auch Karl Wallner (59), Zisterzienserpater des niederösterreichischen Stiftes Heiligenkreuz. Wallner war Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz, die von Kritikern gerne in ein „rechtskonservatives“ Eck gestellt wird. Als Direktor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich („missio“) ist er allerdings global vernetzt – und tut das, was Franziskus nicht müde wird, von der Kirche zu fordern: an die Ränder zu gehen.
Vorstellbar wäre auch ein in Österreich weniger bekannter Geistlicher, der gleichwohl ein wichtiges und angesehenes Amt mit großem Einsatz ausübt: Markus Stephan Bugnyár. Der 47-jährige Priester aus der Diözese Eisenstadt ist seit 2004 Rektor des Österreichischen Hospizes in Jerusalem: ein interreligiöser und symbolisch aufgeladener Hotspot im Heiligen Land. Zu höheren Weihen dürfte Bugnyár jedenfalls berufen sein.
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